http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0105
Patrozinische Flurnamen
Von Ernst Schneider
JOHANNES VINCKE weist in seinem Beitrag „Volkskundliche Voraussetzungen der
Patrozinienforschung"1 auf die Bedeutung der Flurnamen für die Patrozinienforschung
hin. „Gelegentlich sind solche patrozinischen Flurnamen erhalten geblieben, obwohl die
Kirchen selbst in den Wechselfällen der Jahrhunderte untergingen und vergessen wurden,
so daß die Flurnamen vielleicht die letzte Erinnerung an den ehemaligen Schutzheiligen
und seine Kirche sind. Auch hier harrt ein ausgedehntes Arbeitsfeld noch der Forschung,
die in gleicher Weise der Patrozinien- wie der Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte zugute
kommen würde."
An den Anfang unserer Beispielreihe von Flurnamen nach Heiligen sei die St. Georgskapelle
bei der abgegangenen Siedlung Vallator gestellt, die in dem Flurnamen Felderfeld
auf Gemarkung Schwarzach (Bühl) weiterlebt. Diese Siedlung lag westlich von dem
heutigen Schwarzach, dort, wo die alte, von Straßburg über Stollhofen nach Baden-Baden
ziehende Rheinstraße sich mit der von Bühl und Vimbuch nach Greffern laufenden
Straße kreuzt. In dieser Siedlung stand bis in die Reformation eine dem hl. Georg geweihte
, seit dem 13. Jahrhundert urkundlich erwähnte Kapelle. Zu ihr gehörten auch
Güter, wie aus der Benennung St. Jörgenäcker hervorgeht: „von sant Jorgen ackern by
veltorn" 14602.
Der Patron der Pfarrkirche zu Schwarzach ist der hl. Michael. Diese Michaelskirche
stand bis 1805 westlich der Abteikirche. Güterbesitz dieser Kirche auf Schwarzacher
Gemarkung wird entweder lediglich durch den Heiligennamen bezeichnet, z.B.: „im
zeisels wald . .oben an sant michel" 1478, oder durch Grundwörter, zu denen der Heilige
bestimmendes Namensglied ist: „in Sanct Michels Büni" 1560; „neben sant michel garten"
1551; „an St. Michaels zue Schwarzach garten" 1654.
Auch auf anderen Gemarkungen hatte die Schwarzacher Pfarrkirche Güterbesitz. In der
Namenüberlieferung von Greffern erscheint bereits im 14. Jahrhundert das St. Michelsgut
: „Nebent sant michels gutt" 1398; "neben S. Michels gut in Schwarzach" 1570.
Ebenso weist die z. B. 1439 genannte Lagebestimmung „nebent sant michelen" auf Gemarkung
Oberbruch auf Besitz der Schwarzacher Pfarrkirche.
Die Pfarrkirche in Ulm (Bühl) ist der hl. Margarete geweiht. 1398 ist die Lagebezeichnung
„nebent sant Margreden" überliefert. 1494 ist „vff sant margareden gut" erwähnt. St.
Margaretengut kommt auch im benachbarten Greffern vor: „vff S. Margrethen gut zu
Vlm" 1570.
Die seit dem 11. Jahrhundert urkundlich auftretende Pfarrkirche in Steinbach (Bühl)
hat den Apostel Jacobus d. Ä. zum Patron. Er erscheint als Flurname (Besitzangabe) in
St. Jakobsbeunde („nebent sant Jacobs blinde, die der winterhölin waz" 1422) und in
St. Jakobsmatte auf Gemarkung Weitenung: „zwischen dem wald vnd sanct Jacobsmatt"
1510. Andererseits ist auch Besitz der Weitenunger St. Brigidenkirche in Steinbach nach-
1 Erschienen in: Historisches Jahrbuch, hrsg. von J. Spörl, 72, 1953, S. 56—76, hier: S. 73 f.
2 Vgl. Ernst Schneider, Feldern — Hunden. Flurnamen als Zeugnisse abgegangener Siedlungen. In: Biihler
Blaue Hefte, hrsg. von der Stadtverwaltung der Kreisstadt Bühl/Baden, Nr. 9/61, S. 66—68.
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