http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0107
Rudolphe de Rochebrune (Guillaume Plateret)
Geheimer Legationsrat in Kehl
Von Erwin Dittler
Wer sich mit der Geschichte der Stadt Kehl befaßt, stößt zwangsläufig auf eine
Persönlichkeit, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in vielfältiger
Weise die Entwicklung des Ortes beeinflußte. Rudolphe de Rochebrune taucht in
den Akten und in der Literatur1 als Zensor Kehler Druckereien auf, wobei er
sich den Zorn der Verleger zuzieht, so daß 1783 eine Libelle gegen ihn bei
Pierre Chanson in Kehl gedruckt wurde, die vermutlich von Le Tellier, dem
Direktor der „Societe litteraire et typographique" stammt2. Seinen dauernden
Platz in der Stadtgeschichte erwarb er sich aber durch seinen Vorschlag, der
Veste Kehl die Stadtrechte zu verleihen. Doch erstaunlicherweise blieben Herkunft
und Leben dieses Mannes, der jahrzehntelange als juristischer Berater in
französischen Angelegenheiten im Dienste des Markgrafen von Baden stand und
während dieser Zeit seinen Wohnsitz in Kehl hatte, bisher im dunkeln, wenngleich
es schon einen frühen Hinweis gibt, daß es kein Zufall und kein gewöhnliches
Schicksal war, das ihn nach Kehl verschlug. So schrieb Ehrmann 1788 in seinem
Reisebericht über Kehl:3
„Seine Bewohner leben beinahe einzig und allein von der Durchfuhr. Auch besteht
der größte Teil derselben aus Leutchen, die um Schulden oder anderer Kleinigkeiten
dieser Art willen, ihr undankbares Vaterland verließen, und über die Rheinbrücke
hinüber marschierten. Für solche Leute ist Kehl ein Asylum, und es hat
darin eine große Ähnlichkeit mit der Entstehung Roms, ob es aber auch einst
dem halben Erdteil gebieten werde, steht zu erwarten; an gutem Willen mag es
dem Völkchen nicht fehlen. Auf eben diese Art ist obbenannter Hr. von Rochebrune
, wie er sich umgetauft hat, nach Kehl gekommen, und das bloß deswegen,
weil man ihn zu Dijon, wo er als Advokat beim Parlamente stand, so sehr um
seiner Geschicklichkeit willen beneidete, daß er entfliehen mußte, um nicht zu
einer Ehrenstelle auf den königl. Ruderschiffen befördert zu werden."
1 Vgl. dazu: Anton Bettelheim, Beaumarchais, München 1911.
2 Nach freundlicher Mitteilung des GLA in Karlsruhe vom 16. 5. 1973 wurde die fragliche Schrift, über
welche sich 1783 Rochebrune beschwerte, damals von dem Kammerherrn von Montperni dem Geh. Rats-
Kollegium übersandt, doch befindet sie sich nicht mehr bei den Akten der Behörde.
3 Briefe eines reisenden Deutschen an seinen Bruder in H. (Theophil Friedrich Ehrmann), Frankfurt und
Leipzig 1789, S. 88 f.
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