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sein Verteidiger gaben sich indessen alle Mühe, die Verbrechen, deren er
beschuldigt wurde, auf den Magistrat zu wälzen10. Es ist verständlich, daß
Rochebrune mit den Anfeindungen der zahlreichen Gegner Klinglins rechenen
mußte.
Rochebrune bittet um Schutzrecht in Kehl
Zwei Jahre nach dem Tode des Prätors Francois-Joseph de Klinglin bittet
Rochebrune den Markgrafen von Baden-Baden um Gewährung des Schutzrechtes
in Kehl. Er wohne seit sechs Jahren in Straßburg, nachdem er das Unglück
gehabt habe, in seinem Vaterland in eine „affaire d'honneur" verwickelt gewesen
zu sein, so daß er sich nach Straßburg zurückziehen mußte, um dort seinen
Anwaltsberuf auszuüben. Unter den bedeutenden Fällen, mit denen man ihn nach
und nach betraut habe, sei auch der Fall Klinglin gewesen, so daß der Magistrat
keine Mühe scheue, ihm zu schaden. Sein tadelloses Betragen habe ihn bisher vor
Verfolgungen geschützt, doch während er sich in völliger Sicherheit glaubte, habe
der Magistrat in seinem Vaterland Nachforschungen über die Verfahren angestellt,
die gegen ihn gelaufen seien. Der Magistrat bereite sich darauf vor, ihn aufgrund
dieses Verfahrens strafrechtlich zu verfolgen, was gegen die Menschenrechte verstoße
. Er bat den Markgrafen, ihn seinen Anwaltsberuf in Kehl weiterhin ausüben
zu lassen11.
Straßburger Magistrat verlangt Auslieferung
Rochebrune wäre kein gewiegter Advokat gewesen, wenn er nicht seine Freunde
für eine Intervention beim Markgrafen mobilisiert hätte. Sein besonderer Gönner,
der Graf von Schauenburg, wandte sich mit einem Schreiben vom 19. Januar
1755 aus Straßburg an den Obermarschall des Markgrafen, um auf die Verdienste
des „berühmten" Advokaten um die Familie Klinglin hinzuweisen. Dieser
habe in der Tat „in seiner Jugend" das Unglück gehabt, in Burgund, wo die
königlichen Ordonanzen sehr hart seien, wegen eines begangenen falso auf die
Galeere verurteilt zu werden. In Straßburg habe er sich als ehrlicher Mann die
Freundschaft und Gewogenheit aller vornehmen Standespersonen erworben. In
Kehl wolle er sich niederlassen, bis er einen Gnadenbrief vom königlichen Hof
erlangt habe. Man möge ihm den Aufenthalt in Kehl gestatten, wo er der Kling-
linschen Familie noch sehr nützlich sein könne12. Der Graf bat weiterhin darum,
daß er im Falle einer Absage 24 Stunden vorher unterrichtet würde, damit
Rochebrune rechtzeitig in den Breisgau abreisen könne.
Die Dringlichkeit dieser Bitte war durchaus begründet, denn dem Straßburger
Magistrat war unbedingt daran gelegen, Rochebrune zu verhaften. Er benutzte
10 Johann Friese, a. a. O., S. 123.
11 Als Quellen für die Darstellung wurden die Personalakten des Geh. Rats von Rochebrune im Badischen
Generallandesarchiv benützt (Signatur: 207/132 und 76/6283). Ich bedanke mich für die seitens des GLA
gewährte Unterstützung.
12 Vgl. dazu: Streitberger, S. 364, Anm. 99.
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