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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 245
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die engere Verwandtschaft verantwortlich. Der Jahrtag wird bis in das 18. Jahrhundert
feierlich begangen, d. h. mit dem Beten oder Singen der Vigil am Vorabend, mit Glockengeläut
, einer gesungenen Totenmesse mit stillen Beimessen, mit dem Besuch des Grabes.
Bestimmende Mitte des Jahrgedächtnisses blieb die feierliche Totenmesse, für die eine
eigene Liturgie7 galt. Die Gebete am Grabe wurden vom Klerus und dem anwesenden
Volk gesprochen; Kerzen und Tücher schmückten das Grab8.

Die Organisation der Gedächtnistage, insbesondere des Jahrtages, war die Aufgabe der
engen Verwandtschaft. Sie hatte die Fürsorge des Seelenheiles der verstorbenen Verwandten
auch für die weiteren Jahre zu tragen. Aber damit begnügten sich die Menschen des
Mittelalters nicht. Gemäß des Gedankens von Schenken und Gedenken und wohl auch infolge
eines in manchen Urkunden spürbaren Mißtrauens gegen die Verwandten und Erben
begann man für sich selbst, d. h. für sein eigenes Seelenheil zu sorgen. So stiftete man in
der Frühzeit als Seelgerät9 an Klöster und Pfarrkirchen Eigenbesitz, um für sein Seelenheil
die Gedenktage des Dritten, Siebten, Dreißigsten Tages und des Jahrgedächtnisses zu
sichern und zu garantieren. Aber dann ging man dazu über, sich des fortwährenden Gedächtnisses
zu vergewissern, woraus die zwei Arten von Schenkungsstiftungen resultierten
: das Anniversar und die Kaplanei. Wie stand es nun damit im Räume des mittelalterlichen
Oberkirch?

Die kirchlichen Verhältnisse

Die Betrachtung des kirchlichen Totengedächtnisses in Anniversar und Kaplanei im Ober-
kircher Raum macht es notwendig, zunächst in einer zusammenfassenden Art sich klar
zu machen, wie die kirchlichen Verhältnisse im mittelalterlichen Oberkirch geordnet
waren. In dieser Frage dürfte als gesichert gelten, daß sowohl Oberkirch wie auch Oberdorf
über eigene Pfarreien10 verfügten und nicht etwa die Oberdorfer Kirche die Vorgängerin
derer von Oberkirch im Sinne einer Abfolge von Dorf zu Stadt11 war.
Schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts läßt sich eine kirchliche Organisation für Oberkirch
ausmachen, das damals eine dörfliche Siedlung war. Vielleicht lag diese Siedlung
mit Kirche und Friedhof mehr zum Schloß Schauenburg hin12. Die mittelalterliche Stadtanlage
, die sich notgedrungen bis in das 19. Jahrhundert hielt13, hatte am Rande die
Kirche eingeplant. Ihre Entstehungszeit ist strittig, aber man wird sagen können, daß sie
nicht erst 1337 unter dem Schultheißen Heinrich Rohart erbaut wurde14, denn dieser ließ
nach einer Urkunde von 1339. VI. 1715 eindeutig nur eine Kapelle an der Pfarrkirche anbauen
. Dieser Sachverhalt wird auch durch die Inschrift eines aufgefundenen Steines16
bestätigt, wo von einer „capella" die Rede ist, die Heinrich Rohart 1337 erbauen ließ. Das
Cyriaks-Patrozinium, 1416. IX. 2317 erstmals greifbar, bringt nicht viel zur Klärung der

7 Vgl. N. Kyll, Tod. Grab S. 135, 149—151; K. J. Merk, Meßliturgisdie Totenehrung S. 102/103. Audi
M. Gerbert verzeichnete ein eigenes Formular für den Anniversariengottesdienst (Monumenta veteris
Liturgiae Alemannicae. Pars I. St. Blasien 1777. Neudruck Hildesheim 1967, S. 328/329).

8 Vgl. N. Kyll, Tod. Grab S. 155.

9 Vgl. a. a. O. S. 134; H. Lentze, Das Seelgerät im mittelalterlichen Wien, in: ZSavRG kan. Abtl. 44,
1958, S. 35—103.

10 Vgl. D. Kauß, Die mittelalterliche Pfarrorganisation in der Ortenau. Bühl 1970, S. 222—225.

11 Vgl. W. Müller, Pfarrei und mittelalterliche Stadt im Bereiche Südbadens, in: Neue Beiträge zur südwestdeutschen
Landesgeschichte. Festschrift für Max Miller. Stuttgart 1962, S. 71, 74, 79.

12 Die Gegend zwischen der heutigen Stadtgartenstraße und der Franz-Schubert-Straße heißt im Flurnamen
Altstadt-Finkenläger.

13 Vgl. H. Heid, Entwicklungsperioden der Stadt Oberkirch, in: Ortenau 46, 1966, S. 123.

14 Gegen H. Heid, Entwicklungsperioden, S. 122.

15 Generallandesarchiv Karlsruhe (= GLA) 67/8 f. 17.

16 Vgl. M. Wengenroth, Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg. Tübingen 1908, S. 273; vgl. auch
E. Krebs, Maler Josef Walz und sein Modell der alten Oberkircher Pfarrkirche, in: Ortenau 1/2,
1910/1911, S. 57 und 62.

17 GLA 34/48.

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