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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 274
(PDF, 57 MB)
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Zyklen, die Natur und Mensch umschließen. Da sind keinerlei Spuren von Rosa-Lyrik
zu finden, keine schwärmerische Heimat-Träumerei. Dafür mehr vom Epiker, einiges vom
Dramatiker, doch ohne falschen Zungenschlag des Pathos. Gegenstandsbezogen, klar und
unmittelbar im sprachlichen Ausformen, spürbar das Streben nach sinnfüllender, knapper
Fassung und formaler Vollendung. Immer in schlichter - alemannisch anmutender - Einheit
eines natur- und heimatverbundenen Poetenwesens. Von ausgeprägter Eigenart im
sprachlichen Rhythmus, farbiger Wahrheit und mit einem Unterton romantischer Innigkeit
.

Ohne didaktische Absicht führt der Dichter Oskar Kohler in vertraute Gefilde ortenau-
ischer Historie, läßt die Ritter und die Burg Hohengeroldseck, die Minnesänger von
Hornberg und auch die Klosterstürmer von 1525 auferstehen. Blendet die Offenburger
Herrenfasnet 1438 und den Grimmelshauser in Gaisbach in die Szene ein. Zaubert epische
Rhapsodien aus Schutterns oder der Lahrer Stadt Geschichte, auch von der Leutkirche
zu Oberschopfheim oder von St. Wendel bei Nußbach vor des Lesers Auge. Kohlers
Poetensprache, die getragen wird von den Schwingen stolzen Heimatsinnes, die bald
odisch, auch dithyrambisch, bald epigrammatisch klingt, zwingt zum Mitschwingen, zum
Miterleben und zum Wiederlesen. Ernst-Robert Preiser

Volksweisheit in den Sprichwörtern und Redensarten des Simplicissimus von Johann
Jakob Christoph von Grimmelshausen. Von Dr. Albert Hiß. Offenburg,
Herbst 1972. 190 S. als Manuskript gedruckt.

Unerschöpflich in der Vielzahl möglicher Themen erweist sich Grimmelshausens Hauptwerk
, als Objekt und Fundstätte für den aufmerksamen Literaturwissenschaftler. Albert
Hiß schürfte in einem bisher brachliegenden Feldteil tief und mit unermüdlichem Fleiß
und fand dort das Gold der Volksweisheit in des Simplicissimus' Sprichwörtern, Redensarten
und geflügelten Worten. Unmittelbar neben der Quelle, die wertvolles, absolut gesichertes
Sprachgut des 17. Jahrhunderts ans Tageslicht brachte. In dieser Zusammenfassung
der Erfahrungswahrheiten des Volkes, wie sie in den oft mit Humor gewürzten
Sentenzen offenbar werden, wandelt sich Grimmelshausens Abenteuerroman zu einem
Lehrbuch der Lebensweisheit; sofern diese Analekten als erlesene Sammlung von über
300 volkstümlichen Redeweisen richtig verstanden und in ihrer tieferen Sinndeutung
erkannt werden.

Bereits die griechische Literatur kannte Paroemiographen, die Veranstalter von Sprichwort
-Sammlungen. Aus den ältesten Quellen wie Zenobios, den Alexandrinern des
Plutarch und anderen, schöpfte auch Erasmus von Rotterdam in seiner Sammelschrift
„Adagia", die um 1500 erschien. Alles aber nachgewiesen von Otto Crusius in den
„Analekta critica ad paroemiographos Graecos" 1883 und „Plutarchus proverbiis
Alexandrinorum" 1889. Nunmehr fand heute die reichhaltige, einschlägige Kollektaneen-
Literatur - die Grimmelshausens Werke bisher ausschloß - doch noch die willkommene
Ergänzung durch die verdienstvolle, glänzende Arbeit des Autors Albert Hiß. Nicht nur
ein Beitrag zur deutschen Sprachforschung im allgemeinen, sondern auch eine Mitarbeit
an der Grimmelshausen-Forschung im besonderen.

Das Werk enthält eine grundlegende Einführung in das Wesen der Sprichwörter und
Redensarten, in deren Begriffsdefinition, Herkunft, Entwicklung, dazu eine eingehende,
fachlich fundierte Auswertung der Zitate aus dem „Simplicissimus" mit Sinngehalt, Ausdeutung
, Analogien und sprachhistorischen Forschungsergebnissen mit der Aufgliederung
nach Lebenskreisen und Sachgebieten. Alphabetisch geordnete Ubersichten erleichtern das
Nachschlagen und ein ergiebiges Literatur-Verzeichnis regt an zu weiterem Vertiefen in
dieses Gebiet volkstümlicher Ausdrucksformen deutscher Sprache. Dem Autor ist zu
wünschen, daß das druckreife, auf einen Verleger harrende Werk, sich nicht als Sisyphusarbeit
erweise. Ernst-Robert Preiser

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