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ihrer Flucht von Karlsruhe nach Freiburg hier Rast. Sehr bald erschreckte
auch die Offenburger der Ruf „Die Preußen kommen!" Am Montag, dem
2. Juli, rückte eine preußische Division in der Stärke von 11 000 Mann in
die Stadt ein. Am folgenden Tag nahm sie auch den Prinzen Wilhelm mit
dem Hauptquartier auf. Zwei Tage später setzten die Truppen ihren
Marsch in Richtung Freiburg und Kinzigtal fort. Damit war die Revolution
für Offenburg zu Ende. Als Ausgangspunkt der revolutionären demokratischen
Bewegung hatte die Stadt den Zorn der badischen Regierung
auf sich geladen. Eine große Verfolgungswelle ging über die Stadt hinweg.
Die erste Maßnahme war die Amtsenthebung des gesamten Gemeinderats.
Ree selbst trat am 5. Juli 1849 von seinem Amt zurück. Die Altgemeinderäte
Kiefer, Huber, Billet und Wiedemer, ferner Alexander Gottwald,
Handelsmann Theodor Walter, die Gerbermeister Bühler und Fischer
wurden als provisorische Gemeinderäte bestellt. Wiedemer übernahm als
der älteste den Bürgermeisterposten. Der neue Gemeinderat stand nun vor
einer heiklen Aufgabe. Die Regierung machte Ree und seinen Gemeinderäten
wegen Teilnahme am Hochverrat den Prozeß und verlangte über
das Oberamt von dem neubestellten Gemeinderat Vermögens- und Leumundszeugnisse
. Dieser entledigte sich seiner Aufgabe auf vornehme Weise
. Die Auskünfte, die er der Regierung über die Angeklagten erteilte,
zeichnen sich aus durch Sachlichkeit und sind frei von Haß.
Alle Männer, die an der Mairevolution führend beteiligt waren, wurden
polizeilich verfolgt und ihr Vermögen beschlagnahmt. Es sind folgende
Offenburger: die Rechtskandidaten Franz Volk und Franz Josef Hansjakob
, cand. med. Karl Heinrich Schaible, Gemeinderat Josef Schmiederer,
Fabrikant Joh. Bapt. Reindle, die Apotheker Zutt und J. Hofer, Notar
Kerl Frick, Alt-Ochsenwirt Ludwig Ries, die Förster Stricker und Seybel,
Apotheker Rehmann, Kürschner Karl Berger, Schlosser Karl Burgert,
Maler Karl Adam und Waisenrichter Joh. Bapt. Müller. Über die meisten
wird in den Berichten der Gemeindebehörde sehr günstig geurteilt. In den
Augen der Regierung aber waren sie politische Verbrecher. So sahen sich
Volk, Schaible, Zutt und Rehmann, welcher der demokratischen Idee sein
ganzes Vermögen geopfert hatte, gezwungen, ins Ausland zu fliehen. Die
anderen schmachteten monatelang in den Gefängnissen. Ree, der seine
Handlungsweise in einer ausführlichen Verteidigungsschrift glänzend
rechtfertigte, mußte sich mit seinen Gemeinderäten vor dem Bruchsaler
Hofgericht verantworten.
Die Bürgerschaft wurde entwaffnet. Alle Männer über 21 Jahre mußten
in der Stadtkirche den Huldigungs- und Verfassungseid ablegen. Die
Volksvereine und die Turngemeinde wurden „als mit der Staatsordnung
unvereinbarlich und als der Sicherheit des Staates und dem allgemeinen
Wohl gefährlich" aufgelöst. Das bürgerliche Leben vollzog sich unter den
Augen der preußischen Besatzung, die im Oktober 1849 im Ritterhaus
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