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gewanderten sog. Aristokraten (die Leuten heißen sie die Stockeraten) ziehen
überall im Land herum, vertun entsetzlich viel Geld, führen sich aber auch zum
Teil sehr übel auf. In der hiesigen Vogtei haben sich solche nie aufgehalten; die
Vogtei will auch keine aufnehmen." Schmitthenner fährt fort: „Es waren gute
Gründe, weshalb man die Fremdlinge verwünschte. Die ganze Bevölkerung, die
Vorgesetzten und die Geistlichen eingeschlossen, war mit ihrer leidenschaftlichen
Teilnahme auf Seiten der französischen Demokratie und sah in den Emigrierten
Vaterlandsverräter, die durch frevelhaften Einbruch in ihre Heimat die
gute Sache der Freiheit zerstören wollten." Durch die Duldung der Emigrierten
drohte das gute Einvernehmen mit den benachbarten Elsässern in die Brüche
zu gehen, „und man fürchtete, daß sich die Elsässer durch einen kriegerischen
Einfall für diese Bedrohung rächen würden. Denn mit einer Mischung von Neugier
und Furcht hatte man gehört, daß sich über dem Rhein der gemeine Mann
mit Waffen in der Faust zusammentat, wie in den Tagen des Bauernkrieges.
Nicht wenige gab es, die es gerne geradeso gemacht hätten. Die französischen
Ausgewanderten wären es gewesen, gegen die sich die Waffen zuerst gewendet
hätten. Nur um ein Haar, und die französischen Adeligen, die der Freiherr von
Andlaw in seinem Schlosse zu Bellingen beherbergte, wären von den Bauern
aufgehoben und über den Rhein geliefert worden".
Die Berichte des Hofrates und Landschreibers Reinhard der Herrschaft Rötteln
in Lörrach veranlaßten die badische Regierung zu der Weisung, die Emigranten
bei nicht erfolgendem Selbstabzug mit oder ohne Gewalt fortzuschaffen. Um
ein Überwechseln in andere Oberämter zu verhindern, wurden diese davon mit
der Anordnung in Kenntnis gesetzt, keinen Fremden den Aufenthalt länger
als 24 Stunden zu gewähren. Landvogt von Blittersdorf berichtete am 24. Januar
1791 nach einer Unterredung mit dem Herrn von Türkheim an Edelsheim: „der
bischöfliche Hof seie mit dem unsrigen nicht zufrieden, indem die Vorgänge in
Grenzach im Röttelschen die Gegenrevolution, wegen welcher sich mehrere
französische Große in der Nähe in der Schweiz aufgehalten, vereitelt habe 37."
Euenheim als Sammelpunkt gegenrevolutionärer Emigranten
Der Kardinal hat sich ein umfangreiches gegenrevolutionäres Programm zum
Ziele gesetzt, an dessen Verwirklichung er tatkräftig arbeitet. Schwierigkeiten
bereitet ihm aber die Unterbringung der Emigranten, aber auch dieses entscheidende
Problem meistert er mit bewundernswerter und nicht nachlassender
Energie. Er wendet sich an die Reichsstädte Gengenbach und Zell am Harmersbach
, sie lehnen ab. Er läßt bei den Wirten des Oberamtes Ettenheim anfragen
, wieviel Leute sie gegen Bezahlung aufzunehmen vermögen, und er
verspricht dem klösterlichen Wirt zu Sanct Landolin regelmäßige und pünktliche
Bezahlung für die Unterbringung von 40 bis 50 Leuten, Söhne von französischen
Advokaten und Procuratoren. Das Oberamt Mahlberg sieht die Gefahr
: „Solchergestalten wird der Sammelplatz der französischen und zu einer
Gegenrevolution bestimmten Emigranten die hiesige Gegend sein, woher sich
großes Unheil für das hiesige Oberamt und das Oberamt Hochberg ergeben
wird, wenn es zu Tätlichkeiten etwa kommt ..." Blittersdorf befürchtet aber
auch angesichts solch vieler Leute Ausschweifungen in der Nachbarschaft, die
dann auch nicht ausbleiben.
März 1791: die ersten Truppen treffen ein
Am 11. März benachrichtigte der erste Kammerdiener des Kardinals die Wirte
von Grafenhausen und Ringsheim vom bevorstehenden Eintreffen der Truppen,
die dann auch truppweise vom Oberland heranrücken. Die sogenannten aristokratischen
Rekruten kamen zunächst in kleineren Abteilungen von 10 bis 12
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