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Um möglichst viel bei seinen Verhandlungen zu erreichen — Burg war in
solchen Dingen sehr gewandt — beantragte er sogar die Anstellung dreier
Vikare, „wovon der eine die Exkursion nach Hofstetten, der andere den
Frühgottesdienst zu besorgen hätte. Ich halte es aber für meine Pflicht,
auf drei anzutragen, wovon der dritte die Stelle eines sogenannten Kapitelvikars
übernehmen, und in den benachbarten Pfarreyen des Kinzigthaies
, bey Pfarrvakaturen, Krankheiten der Seelsorger und andren dringenden
Fällen Aushilfe leistete."71 Er fährt fort: „Diese nämliche Bestimmung
hat das Kapuziner Konvent bei seiner Bestimmung erhalten ... In
folgenden Fürstenbergischen Pfarreyen hatte das Convent Haslach eine
besondere Obliegenheit, Aushilfe zu leisten: Steinach, Welschensteinach,
Mühlenbach, Weiler, Hausach, Wolfach, Altenwolfach, St. Roman, Schenkenzell
, Schappach, Rippoldsau." Wessenberg übernahm in einem Schreiben
vom 26. Mai 1819 „An eines hochpreislichen Gr. Bad. Ministeriums
des Innern, Kath. Kirch. Section"72 die Argumente Burgs und kommt
dann auf die Kostenfrage zu sprechen: „Da diese Hilfspriester an die
Stelle des Kapuzinerkonvents treten würden, so biethet sich als ihr erstes
Dotationsmittel das ganze Vermögen dieses Konvents samt allen dahin
gemachten ansehnlichen Stiftungen dar, wie auch die jährlichen Holzabgaben
, welche die Stadt Haslach bisher dem Konvent verabreichte."73 Das
Vermögen des Klosters war jedoch im Besitz des Fürstenbergischen Hauses
, das nicht bereit war, eine zweite oder gar dritte Vikarstelle in Haslach
zu dotieren74.
Pater Marcellian ging bis zum Jahre 1826 nach Hofstetten, auch dann
noch, als die alte Vikarstelle in der Zwischenzeit wieder besetzt war. Dann
ließ er sich krankheitshalber von dieser Pflicht entbinden. Die Frühmesse
übernahmen — wohl abwechslungsweise — die nunmehr pensionierten
Pfarrer Joseph Anton Hüner75 und Joseph Alois Hansjakob. Als diese
drei alten Priester nacheinander starben 76, wurde die Neuerrichtung der
zweiten Vikarsstelle immer dringender. Generalvikar Hermann von Vi-
kari77 erinnert am 5. 4. 1836 in einem Bericht an die Katholische Kirchen-
71 Ebd.
72 Im Zuge des Staatskirchentums versuchte die Badische Regierung, fast die ganze kirchl. Verwaltung
unter ihre Kontrolle zu bekommen. Nur die rein geistlichen Angelegenheiten sollten vom Ordinariat
entschieden werden. Dies führte zum badischen Kirchenkampf. — vgl. Anm. 77.
73 Vgl. Anm. 66.
74 Donaueschingen ließ verlauten, daß man es auf einen Prozeß ankommen lassen werde.
75 Vgl. H. Hansjakob, Meine Madonna, S. 316.
76 Hüner 1829, Marcellian Link und Hansjakob 1832.
77 Wurde 1843 im Alter von 70 (!) Jahren Erzbischof von Freiburg und ist wohl die bedeutendste Gestalt
auf diesem Bischofssitz im 19. Jahrhundert. — Auf dem Höhepunkt des badischen Kirchenkampfes
wurde er am 22. 5. 1854 für verhaftet erklärt. Er starb 1860. H. Hansjakob hat zum hundertsten Geburtstag
des Erzbischofs die Schrift „Hermann von Vicari" verfaßt.
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