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gebührende Aufmerksamkeit gefunden hat1. Ausgangs des 15., anfangs
des 16. Jahrhunderts verlangte im südlichen Deutschland jeder Ort, der
auf sich hielt, nach einem „Ölberg" neben seiner Kirche. Besonders taten
sich hierin die Bischofsstädte hervor: umfangreiche, lebensgroße und
kleinteilige Arrangements entstanden in Speyer, Konstanz, Straßburg,
auch andernorts2. Und nachdem sogar das Reichsstädtchen Gengenbach die
Absicht bekundete, „ein steinyn ölberg mit bilden (. . .) ufrichten und
buwen zu loßen"3, mochte die Offenburger Hauptkirche als rechtsrheinische
Statthalterin des Straßburger Bistums nicht zurückstehen und gab
ebenfalls einen Ölberg in Auftrag, der mit Recht unter die wichtigsten
seiner Art sich zählen darf4. Anders nämlich als der in Straßburg selber,
den er mit geringerer Meisterschaft nachahmte, blieb er vollständig und
in situ, d. h. am alten Ort, erhalten (während sein früh beschädigtes Vorbild
ins dortige Münster verbracht wurde).
Er soll, nach guter Tradition, zunächst beschrieben werden, und zwar mit
den Worten einer längst vorhandenen, doch auch längst verschollenen
Beschreibung, die wieder ans Licht zu bringen schon allein deswegen sich
lohnt; zugleich wegen ihrer sensiblen Versenkung ins Detail, in dem sie
freilich bereits den Sinn des Ganzen wahrzunehmen verstand — dabei so
manches registrierend, was heute, fast achtzig Jahre später, gar nicht
mehr genau zu sehen ist.
„Einzig in seiner Art, was gute Konservierung betrifft, ist der Ölberg im
badischen Amtsstädtchen Offenburg an der Kinzig. (.. .)
1 Die spärliche Literatur zum Thema wird in den Fußnoten dieses Aufsatzes wohl vollständig angeführt
(wobei der ölberg des Barock hier außer Betracht bleibt). — Allgemeines: P. Keppler, Die Darstellung
des Heilands am Oelberg. In: Archiv für christliche Kunst 2/1884, S. 13—15; Karl Künstle, Ikonographie der
christlichen Kunst Bd. 1. Freiburg 1928, S. 425—427; Louis Rcau, Iconographie de l'art chretien Bd. II, 2.
Paris 1957, S. 430 f.; Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 7. Freiburg 1962, Sp. 1139 f.; Gertrud
Schiller, Ikonographie der christlichen Kunst Bd. 2. Gütersloh 1968, S. 58—61; Engelbert Kirschbaum
(Hrsg.), Lexikon der christlichen Ikonographie Bd. 3. Rom — Freiburg — Basel — Wien 1971, Sp. 342—
349. — Außerdem liegen über den zerstörten Speyerer ölberg einige ältere Arbeiten vor.
2 Eine vollständige Aufzählung der einschlägigen Denkmäler scheint ebenfalls nicht zu existieren; und
wo sie einmal versucht wurde (Heinrich Otte, Handbuch der kirchlichen Kunst-Archäologie des deutschen
Mittelalters Bd. 1. 4. Aufl. Leipzig 1868, S. 254), ist der reichhaltige badische und elsässische Raum
arg vernachlässigt.
3 Aus dem Empfehlungsschreiben des Schlettstädter Meister- und Ratskollegiums (27. 7. 1520) für den Bildhauer
Paul Windeck, der sich mehrfach um diesen (freilich nie vergebenen) Auftrag bewarb. — Zit. nach:
Hans Rott, Oberrheinische Künstler der Spätgotik und Frührenaissance. In: Zeitschrift für die Geschichte
des Oberrheins NF 43 (1930), S. 39—106; hier S. 79 (Anm. 1); vgl. auch S. 84 (Anm. 2).
4 Dem unbestrittenen Rang dieses Werks ist sein schlechter derzeitiger Zustand, samt Gitterzaun und
näherer Umgebung, allerdings nicht angemessen. „Seine pflegliche Betreuung (. . .) bedeutet für die
Nachfahren eine nicht geringe Verpflichtung." So hieß es, angesichts des fortschreitenden Zerfalls, schon
vor einem knappen Vierteljahrhundert, ohne daß das Mahnen viel genutzt hätte (H. Ginter, Der alte
ölberg von Offenburg. In: Freiburger Katholisches Kirchenblatt 13/1952, S. 200 f.; hier S. 201). —
Der zuletzt zitierte Text ist zugleich der einzige monographische über dieses Kunstwerk, allenfalls abgesehen
von: F. J. Mone, Notizen zur Kunstgeschichte. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins
19 (1866), S. 296—308; bes. S. 300 f. (= 6. Der ölberg zu Offenburg. 1524).
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