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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 221
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welche sich aufhalten wollen, gefangen nehmen. Solche Obliegenheit
müßte von morgens 6 Uhr bis abends 8 Uhr dauern. Wenn der Wächter
beim Essen oder just nicht in der Stadt wäre, habe der Bettelvogt seine
Schuldigkeit zu tun.

Zu dem bereits bestellten vormitternächtlichen Wächter müsse noch einer
bestellt werden, welcher die Stunden nach Mitternacht ausrufe, mehrere
im voraus bezeichnete Orte besuchen, so daß er an allen Gassen und
Häusern vorbeipassieren und auch auf Feuergefahr achten müßte. Er
erhält 14 f. Der Bettelvogt wird für seine zusätzliche Arbeit mit 6—8 f vergütet
. Die jährlichen Unkosten würden etwa 60 f betragen und die Bürger
somit von allen Wachen befreit sein. Dem Geist der Unruhe und des
Mißtrauens wäre gesteuert und die Bürger wieder einig.

Neben den Wachen gab das Holzmachen und Fronen Grund zur Klage. Für
die Gemeindediener, wie Hebamme, Torwächter, Schulmeister, Amtsschreiber
und „Spitalvatter", mußten jährlich für jeden der Genannten
4 Klafter Holz und 200 Wellen im Frondienst gemacht werden. Die Städter
wollten sich dieser Arbeit entziehen, was von den Vorstädtern als
nicht gar schicklich betrachtet wurde. Die Städter stehen im gleichen Mitgenuß
aller Gemeindsutilitate(nutzungen). Der einzige Unterschied liegt
darin, daß ein in der Stadt von freien Eltern geborenes Kind nicht leibeigen
ist, mithin keine Leibschatzung (Steuer), noch auch, wenn es wegziehen
will, Manumissionsgebühr, gegen deren Erlegung dem Leibeigenen
die Freizügigkeit gestattet wurde, bezahlen muß. Ein städtischer
Bürger muß der Herrschaft nicht fronen, wogegen ein Vorstädter jährlich
1 f 20 Kr auf 2 Termine Leibschatzung zu erlegen und allenfalls seinen
Leib abzukaufen und ungemessene Fronen zu leisten hat. Ihre Beschwerden
faßten sie folgendermaßen zusammen: „Es dünkt uns nicht recht, daß
die Vorstädter deswegen, weil sie der Herrschaft mit Leibeigenschaft verhaftet
sind, der Städter Knecht und somit verbunden seien, für die Gemeindediener
, welche auch die Städter gebrauchen, zu arbeiten. Es ist üblich
, wenn ein Freigeborener Jahr und Tag in der Vorstadt wohnt, Leibeigener
wird, aber wenn ein Leibeigener in der Stadt wohnt, nicht frei
wird, sondern sich freikaufen muß." In Not- und Kriegszeiten wurden
auch die Vorrechte der Städter aufgehoben. Sie wurden von Rastatt aus
angehalten, an Dammbauten am Rhein und Murgtal und zum Schanzen
in Kriegszeiten mit Hand- und Spanndiensten mitzuhelfen. Denken wir
doch an die Zeiten gegen Ende des Krieges, wo die hiesigen Einwohner,
Männer und Frauen, in Greffern zum Schanzen antreten mußten, oder
an die Jahre nach dem Krieg an das Holzmachen. Wir meinen alle, so etwas
gibt es in der heutigen Zeit nicht mehr. Falsch gedacht. Herr Eberle,
ehemals beim Grundbuchamt, wies mich darauf hin, daß auch in künftigen
Zeiten lt. Gemeindeordnung von 1956, § 10, Abs. 5 in Notlagen von
den Bürgern Hand- und Spanndienste verlangt werden können.

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