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exekution. Die Pfalz fügte sich der Mainzer Auffassung, daß die erhaltenen
Anzeigen von der veränderten Situation nicht ausreichten, und so rückten am
15. Februar 1790 die mainzischen und pfälzischen Exekutionstruppen in Stärke
von 1032 Mann mit vier Kanonen und zwei Haubitzen in Renchen ein. Um der
unnötigen Aktion gehörigen Nachdruck zu verschaffen, geschah dies mit blanken
Säbeln, gespannten Hahnen und brennenden Lunten. Dabei zeigten sich die
beiden mainzischen und pfälzischen Kommissare nicht nur über „die schlechten
Einsichten des Landvogts Bruder" erstaunt, sondern auch über seine mangelnden
Vorbereitungen: „Nicht einmal war für die Bezahlung und Lebensmittel
der Truppen Vorsorge getroffen." 6 Die Truppen waren bereits in Marsch, als
der Landvogt erst die Auflagen der Gemeinden für die Beschaffung von Geld,
Früchten und Lebensmitteln ausschrieb. Jedes der fünf Gerichte mußte einen
Vorschuß leisten. Die Gerichte, welche bar bezahlten, bemühten sich, überall
Geld aufzunehmen, wurden aber mit Ausnahme von Renchen abgewiesen.
Renchen erhielt vom ortenauischen Landvogt von Axter ein Darlehen von
10 000 fl. Unter Androhung der militärischen Exekution verfügte der Landvogt,
daß jeder, welcher der Heiligen-, Gemeinde- oder Herrschaftlichen Kasse etwas
schulde, dies binnen 8 Tagen zu entrichten habe. „Alles dies zu der jetzigen
Jahreszeit und bei der vorseienden Teuerung aufzubringen, heißt den Untergang
so vieler Familien fördern", schrieb der Landvogt von Blittersdorf nach
Karlsruhe. Während der ersten 19 Tage war die Kommission vollauf damit
beschäftigt, Deputierte aus allen Gerichten vorzuladen, um ihnen die Handtreu
an Eidesstatt abzunehmen, daß sie der Kommission, dem Fürsten und der Obrigkeit
gehorchen wollen. Ab 1. März hielt sich die Kommission in Oppenau auf,
um dort dasselbe Geschäft vorzunehmen; 425 Mann hatte sie zu ihrer Bedeckung
vorausgeschickt. Da jeder Tag 1800 fl. erforderte, wollte man 700 Mann
wieder abziehen, denn auch der Kardinal vermochte zunächst kein Geld mehr
aufzutreiben, nachdem er bereits in Straßburg 20 000 fl. aufgenommen hatte.
Der Landvogt Bruder, der vom Kloster Ettenheimmünster einen Vorschuß
von 30 000 fl. und vom Kloster Gengenbach 12 000 fl. haben wollte, wurde
freundlich abgewiesen. Er hatte von Rohan eine umfassende Vollmacht für
die Verhandlungen mit den Kommissaren erhalten. Als sein Vertreter wohnte
er anfangs den Konferenzen bei, bis sich die Untertanen darüber beschwerten.
Die Gerichte Renchen und Sasbach hatten sich vom Markgrafen den Rat
und Advokaten Metz als Rechtsbeistand erbeten, den man zunächst im Einvernehmen
mit Bruder nicht zulassen wollte, weil es zuviel Kosten gäbe,
die Verhandlungen in die Länge ziehe, und jedermann selbst vortreten dürfe;
schließlich willigte man ein, was für die Betroffenen nicht unwichtig war. Da
der Hofrat und Oberamtsverweser Elbling in dieser Zeit von der bischöflichen
Regierung seine Entlassung erhielt — auf einem Blatt von einem halben Bogen,
unterschrieben von einem Sekretär! —, war Landvogt v. Bruder Alleinherrscher
: „Der Landvogt Bruder unternimmt dermalen, was er will, da ihm die
unverdiente Gnade des Fürsten und die Exekutionstruppen gegen alles schützt.
Allgemein wird dieser so unwissende als schadenfrohe Mann aber verabscheut,
da er den Untergang so vieler durch die unerschwinglichen Kosten fördert. Es
ist zu zweifeln, daß er sich in seinem Posten schützen wird, zumalen, wenn das
Land entweder in Sequester fallen, oder aber der Fürst ein Teil der Kosten
tragen sollte, welche Kosten dermalen bereits die Summe von 60 000 fl. übersteigen
werden." Bis zum 22. März hatte die Untersuchungskommission in
Renchen erst die halbe Gemeinde vernommen. Gegen den Landvogt Bruder
durften keine Klagepunkte vorgebracht werden, das Jammern wegen der
Kosten war allgemein. Das Verhör, welches in Wagshurst fortgesetzt wurde,
litt nach Auffassung des Landvogtes v. Blittersdorf an den mangelnden Per-
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