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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0049
Wenige Tage nach der Offenburger Versammlung gerieten die Bürger Oberkirchs
in panikartige Stimmung, denn überall wurde das Gerücht verbreitet,
die Franzosen seien über den Rhein gekommen.

Pfarrer Bäder aus Neusatzeck vermerkt dazu unter dem 24. März 1848 folgendes
in seinem Tagebuch: 32 „Den ganzen Tag läutet in einem fort die Sturmglocke
im ganzen Land. Während des Beichtens kommt plötzlich die Hiobsbotschaft
: die Franzosen sind ins Land gedrungen, schon hört man schießen, es
sollen an 20 000 Mann sein, arbeitsloses Gesindel, das plündert und mordet.
Viele seien in den Rhein gesprengt, über Breisach drangen sie ein. Jünglinge
kommen zährenvoll, um in den Kampf zu ziehen und vorher zu beichten. Eine
Frau aus Oberkirch dringt mit vielen in die Sakristei ein und bittet mich um
die Beicht. Sie will mit allen laut und auf einmal beichten wie wenn der Tod
schon gewiß wäre. Zähren fließen in Strömen auf die Kommunionbank, wo die
hl. Kommunion gespendet wird und Sturm geläutet wird."

Kurz nach Bekanntwerden der Hiobsbotschaft stellte man in Oberkirch wie
auch anderswo eine wehrfähige Mannschaft auf, meldete der badischen Regierung
die vorhandenen Schußwaffen sowie den Bedarf an Gewehren, Pulver
und Blei. Die Stadt Oberkirch erhielt daraufhin „100 Stück Waffen, aus Gewehr
und Bajonette bestehend". 34

Zwischen den einzelnen Gemeinden richtete man überdies zur raschen Übermittlung
von Nachrichten einen Reiterdienst ein, der jedoch zu keinem Zeitpunkt
die Mitteilung überbringen konnte, daß die Franzosen tatsächlich ins
Land eingedrungen seien. Deshalb beruhigten sich die Gemüter bald wieder.
Man war schließlich beschämt darüber, daß man sich wegen eines blinden
Franzosenalarms in eine ungerechtfertigte Angstpsychose versetzen ließ.

Neuen Auftrieb bekamen die Anhänger der Republik in der Stadt Oberkirch,
als man in der Stadt den Termin für die auf den 2. April 1848 angesetzte Volksversammlung
in Achern bekanntgab. Zu den Initiatoren dieser Versammlung
gehörte auch der Oberkircher Rechtsanwalt Max Werner, der auf dem dort
verteilten Flugblatt als gewähltes Mitglied des Kreisausschusses erscheint.35

Die badische Regierung betrachtete die Acherner Demonstration der Republikaner
mit besonderem Argwohn. Sie war gewillt, gegen die Redner, die dort
aufrührerische Reden hielten, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen.3« Die
harte Haltung der badischen Regierung wird verständlich, wenn man das Flugblatt
studiert, das unter den Versammlungsteilnehmern verteilt wurde. Es
nennt alle wesentlichen Forderungen, die von den Revolutionären im ganzen
deutschsprachigen Raum aufgestellt worden waren, nämlich die Forderung
nach Grundrechten, nach Bildung eines deutschen Nationalstaates, nach einer
parlamentarischen Demokratie nordamerikanischen Musters, nach Ausgleich
zwischen Kapital und Arbeit, nach Abschaffung der Binnenzölle und Errichtung
eines Schutzzolls nach außen. Es enthält aber auch einige Programmpunkte,
die speziell auf die Verhältnisse der mittelbadischen Amtsstädte zugeschnitten
waren. Dazu gehörte einmal die Forderung nach Abschaffung der Bevormundung
der Gemeinden und Ersetzung derselben durch ein auf der Grundlage der
Selbstverwaltung ruhendes Gemeindegesetz, zum andern die Forderung nach
dem uneingeschränkten Vereins- und Versammlungsrecht des Volkes.

Wie begründet die zuletzt genannte Forderung aus der Sicht der Oberkircher
Republikaner war, zeigte sich beispielsweise im September 1848, als die badische
Regierung die Volksversammlung verbot, die am 24. September 1848 in
Oberkirch stattfinden sollte. 3?

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