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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0078
eigner Schand (worum sie sich aber wenig bekümmert, weil sie allererst
unter den Zigeunern aller Ehr und Tugend selbst abgesagt) ihren
ganzen liederlich geführten Lebenslauf an Tag gibt, um vor der ganzen
Welt gedachten Simplicissimum zuschanden zuschanden zu machen, weil
er sich mit einer so leichten Vettel, wie sie sich eine zu sein bekennet,
auch in Wahrheit eine gewesen, zu besudeln kein Abscheuen getragen und
noch darzu sich seiner Leichtfertigkeit und Bosheit berühmet; maßen daraus
zu schließen, daß Gaul und Gurr, Bub als Hur und kein Teil um ein
Haar besser sei als das ander; reibet ihm darneben trefflich ein, wie meisterlich
sie ihn hingegen bezahlt und betrogen habe.

Heine sieht die Kunst durch den Illustrator herabgezerrt von dem Piede-
stal der Selbständigkeit, zur Dienerin des Luxus entwürdigt.23 Dies ist
ein hartes und einseitig von einem Autonomiebegriff der bildenden Kunst
bestimmtes Urteil. Natürlich dienen die gezeigten Illustrationen auch dem
Luxus eines ästhetischen Sammlerinteresses, eines zahlungskräftigen Publikums
.

Wie sehr sie jedoch auch gerade dem Verständnis des Textes, der „Erhellung
" seines Inhaltes dienen, haben die hier gemachten Gegenüberstellungen
von Bild und Wort zeigen können.

A. Paul Webers Lithographien zum Simplicissimus für eine Buchausgabe
von 1970 bei Bertelsmann, Gütersloh, stehen sogar in offenem Widerspruch
zu Heines Ansicht, sie machen deutlich, wie für einen engagierten
Künstler der Inhalt dieses historischen Romans Anlaß werden kann zu
zeitkritischer Mahnung.24

Weber lenkt den Blick auf die triebgelenkten Handlungen der Menschen,
in dem er ihn ausschnitthaft auf einen charakteristischen Verhaltensmoment
konzentriert. Daß die Angaben über den eigentlichen Schauplatz nur
am Bildrand, oft noch beschnitten, angedeutet werden, verstärkt diese
seine Absicht.

Die Gegenüberstellung der frühen Zeichnungen, die Weber schon um 1925
zum Simplicissimus anfertigte, mit den fast 50 Jahre später entstandenen
Lithographien macht sein eigentliches Anliegen besonders deutlich. Die
„Hanauer Spuckszene" (I, 33) und die „Paarung im Gänsestall" (II, 1)
(Abb. 19, 20)25 sollen hier verglichen werden mit den 1970 erschienenen Lithographien
zum gleichen Thema (Abb. 21, 22). Der junge Weber erzählt
einen Vorgang, die Figuren sind zwar in heftiger Bewegung, werden aber
in der Komposition klar voneinander geschieden dem Bildfeld eingefügt.
Der reife Künstler verdichtet die Aussage durch die Zusammenziehung
und beiderseitige Beschneidung der Szene auf eine lückenlos ausgefüllte
Bildzone, in der das Gesicht des von selbstverursachten Leiden gequälten
Gouverneurs von Hanau zur Fratze verzerrt hervorgehoben ist, und
Schrecken und Entsetzen im Ausdruck von Simplex und dem Kavalier
im Gänsestall deutlich betont werden.

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