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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0087
Rastatt machte den Anfang jener deutschen Gründungen nach französischem
Muster. Und wie Ludwig XIV. für Ludwig Wilhelm im wörtlichen
Sinne Pate stand, so Versailles für Rastatt im übertragenen.

Ein hier nun schon öfter genannter Begriff ist dem absolutistischen Machtdenken
des Barock wie kaum ein anderer eigen: der Begriff der Gründung
. „Das Barock gründet. Es bereitet sich kaum die Verlegenheit der
Wahl. Es tritt auf, steckt den Stab in die Erde, und voll von Fähigkeit,
überall Erde zu lockern und fruchtbare Saat zu streuen, den Bedingungen
der Situation immer überlegen, so sehr es ihnen mit eingeborenem Takt
sich fügen mag, spricht es das eine Wort: hier." 5 Dieses Hier hat Ludwig
Wilhelm in Rastatt gesprochen, an eben der Stelle, wo jetzt noch sein
Schloß steht; hier hat er, so ließe sich sagen, nicht nur den Stab in die
Erde, sondern auch den Zirkel in den Plan gesteckt und somit den Mittelpunkt
jenes Koordinatennetzes bestimmt, das allem anderen seinen aufs
Zentrum bezogenen Platz zuweist.

„Denn doch nur auf Neuland ließ sich die vorschwebende ideale Planordnung
verwirklichen, und die Neu-Städte fürstlicher Initiative verwirklichten
sie auch aufs Beste":6 so entstanden Potsdam, Dresden,
Kassel, Erlangen; so wurden Residenzen verlegt von Stuttgart nach Ludwigsburg
, von Heidelberg nach Mannheim, von Durlach nach Karlsruhe,
und — allen voran — von Baden-Baden nach Rastatt. Selbst „noch der von
sehr nahen Grenzpfählen umstellte Serenissimus hatte den Ehrgeiz, die
Stadt seines Residierens zu einer ,schönen' Stadt zu machen";7 welchem
Ehrgeiz die bestehenden, natürlich gewachsenen, in mittelalterlichen
Mauern eng und krumm, wirr und winklig geratenen Ortsbilder nur sehr
schwer sich anbequemen mochten.

Die Voraussetzungen waren günstig für einen solchen Gründungs- und
Schöpfungsakt aus dem Nichts (der dem absoluten Herrscher gewiß das
Vollgefühl seiner Gottähnlichkeit vermittelte). Über Geld und Land verfügte
Ludwig Wilhelm zur Genüge: das eine brachte ihm seine junge
Frau Sibylla Augusta als reiche Mitgift aus mütterlichem Erbe; das andere
bot ihm seine Markgrafschaft beim Dorf Rastatt, das 1689 zerstört
worden war — dasselbe Jahr, derselbe Krieg hatten auch das angestammte
Schloß in Baden-Baden schwer beschädigt. So konnte der Markgraf
seiner Baulust, die jeden Barockfürsten einer Krankheit gleich befiel
(vom „Bauwurmb" sprachen die Zeitgenossen), die Zügel schießen lassen.

Der gewählte Platz war günstig, weil er (anders als Baden-Baden) eben
war und frei;8 günstig also für die Schaffung dieses unvergleichlichen
Ensembles von Schloß, Stadt und Park — alles aus einem Guß, nach
einem Plan aus einer Hand, nach einem Willen. Wie und von wem das
Einzelne konzipiert, modifiziert, realisiert wurde, mag hier beiseite bleiben
; 9 statt dessen geht es um die vom Ganzen verkörperte Idee.

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