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Zunächst war aber die Hauptaufgabe der VIII. Legion, das Kinzigtal zu
erobern, um damit von Argentorate aus das Gebiet östlich des Schwarzwalds
leichter besetzen zu können. Als dann das Kinzigtal unter dem
Legat Gnaeus Pinarius Cornelius Clemens um 73/74 n. Chr. in heftigem
Kampf eingenommen war, bauten Einheiten dieser Legion eine
Straße von Offenburg nach Arae Flaviae — Rottweil.19 Dieser Zeit wird
außerdem der Ausbau der rechtsrheinischen Hauptroute Nord-Süd entlang
der Vorbergzone zugeschrieben.20
Die definitive Einverleibung des Gebiets zwischen dem Oberrhein und
nördlich der Oberen Donau in das Römische Reich wurde wahrscheinlich
erst unter dem römischen Kaiser Domitian in der Zeit zwischen 81 und
96 n. Chr. vollzogen. Seitdem sicherte nun der Limes — Grenzwall —
dieses sogenannte agri decumates — Zehntland — gegen das freie Germanien
ab. Wie im übrigen Zehntland, das nur dünn besiedelt war,
dürften damals auch in der Ortenau gallische Kolonisatoren angesiedelt
worden sein. Sie eigneten sich zwar zuerst selbst herrenloses Feld an,21
waren aber vermutlich nach der römischen Feldvermessung nur noch
Pächter oder Landarbeiter wie das ansässige Substrat. Über ihnen stand
dann ein Verwalter, der meistens als verdienter Legionsveteran den Fron-
und Spanndienst der römischen Post zu leisten sowie Naturalien für die
Verpflegung der Truppen an die Legions- und Marschlager abzuliefern
hatte.22 Später wurden jene Kolonisatoren vermutlich auch in der Landwirtschaft
der mansiones beschäftigt. Denn diese Raststationen, die in
kurzen Abständen entlang den Straßen angelegt waren, hatten die Aufgabe
, Durchreisende zu verpflegen und die Straßen unter Kontrolle zu
halten.
Hervorgerufen durch diese Organisation und durch die rege Bautätigkeit
der VIII. Legion, die sich von der Garnison Argentorate auch auf das
Umland ausdehnte, dürften so manche villa rustica — Gutshof — und einige
mansiones in der Ortenau neu entstanden sein.
Unter Kaiser Trajan (98—117 n. Chr.), der vor seinem Regierungsantritt
selbst Truppen am Oberrhein kommandierte, folgte eine Gebietsneugliederung
, und das rechtsseitige Oberrheingebiet wurde endgültig der
Provinz Germania Superior — Obergermanien — zugeschlagen. Zu ihr
gehörten fast ganz Baden, die Westschweiz und das linke Rheinufer bis
zur Nahe. Diese selbständige Provinz wurde vom kaiserlichen Statthalter
in Mainz zentral verwaltet.23 Unter ihm leitete ein vom Kaiser ernannter
Prokurator das Finanz- und Postwesen in den Provinzen Gallia Belgica,
Germania Superior und Germania Inferior — Niedergermanien —. Über
der Postverwaltung stand danach wahrscheinlich ab Kaiser Hadrian
(117—138 n. Chr.) der Praefectus vehiculorum — Postdirektor —.24
Der cursus publicus — öffentliche Dienst — war damals schon eine
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