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sächlich die Reise ein paar Stunden früher an. Während also Karl Fahrländer
offen und unbehelligt auftreten konnte, glaubte ein Beamter des
Oberamtes ernstlich, seine Person in Sicherheit bringen zu müssen.
Nichts kann die damalige politische Lage deutlicher kennzeichnen. Kein
Zweifel: im Oberland wäre der Volksaufstand ein Kinderspiel gewesen.
Was der Bote von Riehen mitbrachte, ließ Klaiber wohl ahnen, daß die
Zeichen auf Sturm standen. Am Morgen jenes 18. Januar war das Waldenburger
Schloß gegen 4 Uhr zusammengestürzt und Basel befand sich in
größter Aufregung. Der Kleine Rat hatte getagt, und auf die Nachricht
hin, daß 2000 Mann von der Landschaft anrücken würden, wäre „bald
jedes Ratsmitglied nach Hause geloffen".155 Während an diesem Tag
Fahrländer dem Bürgermeister Weidenbach den Revolutionsplan entwickelte
, war die erste Phase bereits angelaufen: Ein Dutzend Emissäre
aus Straßbürg, darunter List selbst, Dr. Schwahn, die Obsthändler Roll
und Stampf, der Glashändler Schwarz, Prof. Hirt und Stamm, waren über
den Rhein gekommen, sprachen in Versammlungen, verteilten Aufrufe
und Kokarden, sammelten Unterschriften. Schwarz verteilte seine Flugblätter
in Neumühl, Willstätt, in der Ortenau und in Lahr, wo der Amtsschulze
Hänle und sein Bruder, ein Apotheker, anscheinend zu den wichtigsten
Anhängern zählten. Hirt agitierte in Auenheim, wo französische
Soldaten einen Freiheitsbaum errichten wollten, und der aus Bahlingen
stammende Kreutner bearbeitete die Ortschaften am Rhein bis in die
Gegend von Emmendingen, wo er sich einige Tage in Teningen aufhielt.
Dr. Schwahn sprach am Abend des 18. Januar in einer Bauernversammlung
im „Hirschen" in Altenheim.156 Die Akteure traten offen in Erscheinung
, im Oberland stand man offensichtlich vor der Entscheidung, so
daß sich Hofrat Hugo auf den Weg nach Basel machte, um sich bei Men-
gaud zu erkundigen, ob Frankreich an den Unruhen beteiligt war. Dort
wurde er vom Sekretär Bignon empfangen, da Mengaud sich in Aarau
aufhielt. Hugo erfuhr zu seiner Erleichterung, daß das Direktorium die
Revolutionspläne im Markgräfischen keinesfalls unterstütze; die Leute,
die von diesen Plänen redeten, seien „non-avoues" und als Landstreicher
zu behandeln. Man darf annehmen, daß eine Antwort Mengauds kaum
so abschätzig ausgefallen wäre, denn er hatte in der Schweiz „mit einem
Eifer ohnegleichen" (Steiner) den Umsturz der Regierungen vorbereitet,
und er fühlte sich keineswegs nur als Sprachrohr des Direktoriums. Der
Sache nach hätte seine Antwort allerdings nicht anders lauten können.
Aber nicht nur Hugo war an diesem Freitag (19. Januar) nach Basel
gekommen; der dem Regime ergebene Forstverwalter Bertsch berichtete:
„Gestern war eine große Versammlung von Verschwörern in Basel. Ich
habe selbst früh vor Tagesanbruch sehr viele durch Lörrach passieren
gesehen. Sehr viele sollen von den unteren Gegenden heraufgekommen
sein. Das Komplott besteht hauptsächlich aus der Klasse der reichen
Bauern."
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