http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0233
In Basel war der Tag der Verbrüderung, an dem etwa 600 Mann Landmiliz
einrückten und alle mit einer dreifarbigen Kokarde geschmückt
waren; zum erstenmal seit 1691 wurde die gesamte Bürgerschaft zu einer
Abstimmung zusammengerufen: die Staatsumwälzung wurde gebilligt.
Weniger erfolgreich verlief die Versammlung, die Dr. Schwahn am gleichen
Tag in Ichenheim im „Hecht" abhielt. Der in Offenburg genannte
Zeitpunkt war offenbar verschoben worden, vielleicht wollte man die
Auswirkungen der Vorgänge in Basel abwarten, denn hier war die endgültige
Entscheidung erst mit der Abstimmung am 19. Januar gefallen.
Der nach den Informationen der preußischen Gesandtschaft in Rastatt
genannte 21. Januar, Jahrestag der Hinrichtung Ludwigs XVI.,157 dürfte
den Vermutungen am nächsten kommen, hatte doch der Amtsschaffner
Ströhlin in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg bei seinem Besuch am
20. Januar in Straßburg erfahren, daß der Friedenskongreß zu Rastatt
kaum noch zwei Tage dauern würde.158 Überlegungen darüber haben nur
theoretischen Charakter, denn mit der Auskunft der französischen Gesandtschaft
in Basel war das Urteil über den Versuch einer Verfassungsänderung
gefällt. Was am 20. Januar passierte, war nur noch unerheblich.
Kreutner, der vom 17.—20. Januar in Teningen gewirkt und Versammlungen
in der „Krone" abgehalten hatte, übergab seinem Stiefbruder
Jakob Ehrler aus Teningen, Bruder des dortigen Stabhalters, ein an
Christoph Hoyer in Müllheim adressiertes Paket mit Aufrufen und einer
schriftlichen Aufforderung, auch diese Gegenden für die bevorstehenden
Aufstandsbewegungen vorzubereiten. Das Paket wurde irrtümlich an den
Kaufmann Gustav Hoyer ausgeliefert, der es dem Oberamt übergab. Bei
einer Hausdurchsuchung fand man eine Liste der angeblichen Hauptteilnehmer
,159 wie sie auch von Fahrländer Pfunder gegeben worden war.
Kurz zuvor hatte Hoyer noch acht Briefe bei der Post aufgegeben, darunter
auch welche nach Lahr und Bischofsheim am hohen Steg (Rheinbischofsheim
), wo möglicherweise Amtsschaffner Ströhlin in Verbindung
mit den Jakobinern stand. Hoyer und Ehrler wurden in der Nacht verhaftet
und unter starker Bewachung zunächst nach Emmendingen gebracht
, wo man sich über das Militär empörte, so daß das Oberamt Hochberg
auf möglichst schnellen Abtransport drang. Am gleichen Tag traf
Pfunder in Basel Karl Fahrländer, der ihm erstaunlicherweise eröffnete,
daß Hoyer zu Müllheim verhaftet worden sei; außerdem müsse etwas in
Karlsruhe fehlgeschlagen sein, ebenso in der Gegend von Kehl. Es scheine,
das Projekt sei verraten worden. Tatsächlich wurde die Regierung in
Karlsruhe durch ein anonymes Schreiben vom 15. Januar „aus den oberen
Gegenden" auf Hoyer aufmerksam gemacht, der sich schon einige
Zeit in Rastatt aufhalten solle und „ein Neveu des Jägerschmidts ist"; er
würde gute Aufschlüsse geben, wenn man seine Papiere erhalten könnte.
Aber die Anzeige war für die Verhaftung Hoyers ohne Belang.
Fahrländer warnte Pfunder, er möge sich noch gegen 8 Tage ruhig ver-
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