http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0234
halten; während dieser Zeit würde man noch genauere Nachrichten erhalten
und dies solle er auch dem Bürgermeister Weidenbach ausrichten.
Er ermunterte ihn aber, sich nicht abschrecken zu lassen, weil die Sache
doch ihren Fortgang nehme.
Aufruf zur Bildung eines deutschen Freistaates
Die von den Propagandisten verbreiteten und auch bei Hoyer aufgefundenen
Flugblätter versetzten alle Behörden in höchsten Alarmzustand.
Mit . Eilstafetten unterrichtete Regierungspräsident von Sumerau in
Freiburg am Abend des 20. Januar auch die markgräflichen Oberämter
Emmendingen und Mahlberg von ihrem Inhalt. Mahlberg berichtete nach
Karlsruhe, daß der Straßburger Apfelhändler Joh. Georg Stampf die
Errichtung eines Freiheitsbaumes in Altenheim versuchte und in Dundenheim
festgenommen wurde, und von Liebenstein setzte die Badische
Gesandtschaft in Rastatt von dem Vorgefallenen in Kenntnis. Selbstverständlich
verbreitete sich die Nachricht auch über die Rastatter Gesandten
an allen Höfen, zumal sich der Text auf ganz Deutschland bezog:159"
Freiheit — Gleichheit
Schon lange hat das deutsche Volk nach seiner Freiheit geseufzt, und die
Ungleichheit der Stände war schon lange der Gegenstand seines Hasses
und seiner Verachtung. Es fühlt seine Würde und Wahrheit, daß in ihm
die Allgewalt und das Recht liegt, sich Gesetze zu geben, die eines freien
Volkes würdig sind. Mutig steht es gegen jene Menschenverkäufer auf,
welche ohne es zu fragen, Staaten und Völker mit der nämlichen Willkür
teilen, mit der sie sie bis jetzt beherrschten. Deutschlands Volk erklärt
also hiermit, daß es das Joch jeder Art abwirft und einen unabhängigen
Freistaat bildet. Jeder, der es wagt, sich unseren Rechten entgegenzuset-
ten, wird als Vaterlandsverräter bestraft, und wehe dem Fürsten, der
unsere Rache reizt!
Mit diesem Aufruf verdeutlichten die Jakobiner erneut den nationalen
Charakter einer Freiheitsbewegung, die als Nahziel die Revolutionierung
Süddeutschlands betrieb, am Ende aber die Schaffung einer unabhängigen
deutschen Republik erstrebte. Was den sozialen Charakter betraf, so
entschloß sich der Markgraf, unverzüglich die Beschwerden der Bevölkerung
im Oberland von einer Kommission untersuchen zu lassen und wenigstens
kleinere Übel zu beseitigen.
Militärische Unterstützung fand man in Rötteln bei den kaiserlichen
Truppen, die einen Aufstand mit den härtesten Mitteln niederschlagen
wollten.160 Ihre grausamen Drohungen konnten zwar die Opposition
dämpfen, doch nicht unterdrücken, denn die Untersuchungskommission
mußte in einem Bericht bekennen, daß „allem Ansehen nach ein großer
Teil der Einwohner des hiesigen Oberamtes nur auf einen günstigen
Augenblick und auf die zugesicherte Hilfe ihrer Nachbarn wartet, um
seine auf Veränderung ihrer Landesverfassung und Befreiung von ihren
Abgaben zielenden Absichten mit Gewalt durchzusetzen."
232
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0234