http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0292
Die römische Archäologie selbst, die Entwicklung ihrer Methoden und der
Position, die sie im gewandelten Bewußtsein der Öffentlichkeit nach und nach
errungen hat, ist Gegenstand des Einführungstextes. Die römische Besetzung
Baden-Württembergs (wie der eben erwähnte Beitrag von Philipp Filtzinger
stammend) wird von der vorrömischen Bevölkerung ausgehend bis zum Ende
des weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert verfolgt. Zahlreiche Fundkarten
decken ein von Saar und Mosel bis zum Inn reichendes Gebiet ab und stellen
so die Entwicklung des engeren Raumes stets in den größeren Zusammenhang
des römischen Einflußgebietes nördlich der Alpen.
Die Summe aller Einzelerkenntnisse eröffnet einen neuen Einblick in die Zivilisation
der Provincia Germania superior. Ihre Verwaltung, Siedlungsformen,
Sanitätswesen, Straßennetz, Bauwesen, Landwirtschaft, Gewerbe, Handel und
Geldwesen stellt Dieter Planck im Überblick dar. Bernhard Cämmerer beschließt
den allgemeinen Teil mit einer Darstellung der römischen Religion,
die sich im wesentlichen an der klassischen Götterwelt orientiert, wenn sie die
provinzialrömische Kunst interpretiert — auf eine Darstellung der Stilentwicklung
wird verzichtet. Orientalische und keltische Kulte werden kurz gestreift.
Über die Hälfte des Bandes nimmt der zweite lexikalische Teil ein, der übersichtlich
alphabetisch geordnet in rund 180 Einzeldarstellungen das heute in
Museen und an den Fundorten zugängliche Fundmaterial beschreibt: Heiligtümer
, Militär- und Zivilsiedlungen, Brücken, Bäder, Gutshöfe, bis hin zu einzelnen
Reliefs, Jupitergigantensäulen, Inschriften, Wasserleitungen, Brennöfen
und an Ort und Stelle vermauerte Spolien. Umfangreicher Platz wird eingeräumt
den großen Museen in Stuttgart und Karlsruhe, Ladenburg und
Aalen, Heidelberg und Mannheim. Allein 45 Seiten sind dem Limes vorbehalten
, dessen von genauen Lagekarten begleitete Beschreibung als Wegweiser
gedacht ist.
Der Orientierung im weiteren Sinn dienen die Aufstellungspläne der Museen,
Abbildungen schwerer zugänglicher Funde, die Wiedergabe von Inschriften mit
Übersetzung, genaue Maßangaben und die durchweg verwandten lateinischdeutschen
Formen bei Ortsnamen und Spezialausdrücken sowie detaillierte
Literaturhinweise.
Aus dem mittelbadischen Raum zwischen Karlsruhe und Freiburg werden die
folgenden Plätze behandelt. In Karlsruhe die römische Siedlung und Ziegelei
von Grünwinkel, das Badische Landesmuseum, in dem Funde von Ladenburg/
Heidelberg, Baden-Baden und Offenburg bis nach Zurzach vereinigt sind. In
Ettlingen Neptunstein und Albgaumuseum. In Rastatt das Heimatmuseum mit
vorwiegend linksrheinischen Funden. Ausführlich werden erläutert die Badeanlagen
Baden-Badens und die Bestände der Städtischen Sammlung. Besondere
Erwähnung findet die qualitätvolle Merkur-Statuette des Offenburger
Ritterhausmuseums. Die römische Straßenstation bei Friesenheim wird vom
Ausgräber Struck beschrieben (ihre Entdeckung und Erhaltung ist unserem
Mitglied J. Naudascher zu verdanken). Lahr ist mit Siedlung und Töpferbezirk
vertreten. Südlich der Ortenau wird das frührömische Kastell mit vicus von
Riegel und das Lager auf dem Limberg bei Sasbach behandelt sowie das
Grenzkastell Brisiacum mit Museum auf dem Breisacher Münsterberg.
Zeittafel, Literaturangaben und zwei Register ergänzen das für die kommenden
Jahrzehnte wohl als das grundlegende Handbuch für römische Archäologie
im Südwesten geltende verdienstvolle Werk. Es wäre zu wünschen, daß es zu
einer parallelen Darstellung der gallo-römischen Geschichte des linksrheinischen
Gebietes durch französische Forscher anregt.
C.-H. Steckner
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