http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0310
Insbesondere zur Stadtsanierung sind Forderungen, insbesondere anschließend
an das Referat von B. Schäfers, Soziale Prozesse bei der Stadtsanierung, erhoben
worden; z.B. die, daß Stadtplanung nicht Sekundärplanung sein dürfe, sie
also nicht zum Substitut zu Standortentscheidungen der Wirtschaft und anderer
, im sozialen Leben eine Rolle spielenden Kräften, absinken darf.
E. MASCHKE hat in seinem beispielhaften Sammelwerk zur Pforzheimer
Schmuck- und Uhrenindustrie noch vor wenigen Jahren festgestellt, daß man
die kleinen Städte in der Geschichtsforschung vernachlässigte, „soweit sie nicht
von Heimatforschern in häufig unbefriedigender Form behandelt wurden", und
daß es folglich an „methodisch einwandfreien Untersuchungen" mangele, die
ihre Geschichte systematisch erfassen. Trotz dieser Tatsachen und obgleich die
Arbeitsgemeinschaft in ihren WEISSENBURGER THESEN, die nicht nur im
Hinblick auf mangelnde Vorarbeiten problematische Forderung aufstellt: „Stadtplanung
und Stadtsanierung darf ohne Berücksichtigung der historischen Dimensionen
nicht mehr betrieben werden", unternimmt sie in ihren Publikationen
den Versuch, der Komplexität des Gegenstandes durch die Integration verschiedener
Fragestellungen gerecht zu werden.
Hans-Joachim Fliedner
II
Die größte Gruppe von Aufsätzen in der Zeitschrift stellen die historisch fachwissenschaftlichen
Arbeiten dar. In deren Zusammenstellung ist kein Konzept
zu erkennen, soll es vermutlich auch nicht, sofern sich alle Aufsätze dem Richtziel
„Stadt" unterordnen. So spannen sich die Themenbereiche der einzelnen
Arbeiten von Hertha LADENBAUER-OREL, Beobachtungen zur Methode der
archäologischen Stadtkernforschung (1974) über L BATORI, das Patriziat der
deutschen Stadt (1975) bis zu R. HILDEBRANDT, Rat contra Bürgerschaft. Die
Verfassungskonflikte in den Reichsstädten des 17. und 18. Jahrhunderts (1974)
und J. REULECKE, städtische Finanzprobleme und Kriegswohlfahrtspflege im
ersten Weltkrieg unter besonderer Berücksichtigung der Stadt Barmen (1975).
Schon diese wenigen Titel machen deutlich, daß die unterschiedlichsten methodischen
Ansätze zugrundeliegen. Aber keine der angeführten wie der sonstigen
historischen Arbeiten fragt eigentlich danach, wem das hier Erarbeitete wozu
nutzen soll. Wozu dient das „Erkennen der baulichen Substanz?" Was nützt dem
Stadtplaner konkret die Kenntnis der Stadtgeschichte allgemein und der Einzelaspekte
im besonderen für die baulichen Konzeptionen der Stadt heute? Es
ist bedauerlich, daß sich die historischen-fachwissenschaftlichen Arbeiten über
die didaktische Relevanz ihres Themas wenig Gedanken machen, bedeutet dies
doch nicht weniger als einen Verzicht darauf, die eigenen Erkenntnisse den
Nicht-Historikern zugänglich zu machen. Insofern führen — so paradox es klingen
mag — gerade die historischen Arbeiten dazu, die Geschichte aus der Stadtplanung
auszuschließen.
Konkrete Antworten auf die eigentlich drängende Frage „was kann uns die
Vergangenheit einer Stadt lehren für ihre künftige Gestaltung?" erhalten wir
von anderer Seite, von dem Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Albert
KNOEPFLI und dem Kunst- und Bauhistoriker Cord MECKSEPER. In seinem
Beitrag „Stadtgeschichte und Stadtentwicklung" (1974) begnügt sich Meckseper
nicht mit der pauschalen Feststellung, Geschichte helfe die Gegenwart zu verstehen
, sondern er versucht diesen Anspruch am Beispiel der Stadt zu konkretisieren
und den Anteil der Geschichte an einer gegenwärtigen und künftigen
Problemlösung zu bestimmen. Hierbei stellt sich nicht nur die Frage nach der
Erhaltung von Bausubstanz, sondern auch danach, welche Inhalte die Denk-
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