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kleine Druckerei. Er unternahm das Wagnis, sein Geld für Papier, Satz
und Druck zu riskieren. Und er hat damit das Geschäft seines Lebens
gemacht.
Der „Simplicissimus" wurde ein Bestseller ersten Ranges. Und weil er so
gut lief, hat sich gleich ein anderer an den Erfolg darangehängt. Der
Frankfurter Buchdrucker Müller machte sofort einen unerlaubten Raubdruck
und hatte damit einen solchen Erfolg, daß er seine halbbankrotte
Druckerei vor dem Ruin retten konnte.
Später, 1672, hat dann doch ein Straßburger Verleger namens Dollkopf
sein „Ratsstüblein Plutonis" verlegt. Das Interessante ist dabei, daß es
von diesem Ratsstübel einen wichtigen Kupferstich gibt. Man sieht darauf
präsidierend Martius, den reisenden, Land beschauenden Kavalier mit der
Nummer I und rechts davon mit der Nummer II — so haben die Nachforschungen
Professor Weydts ergeben — so gut wie eindeutig Grimmelshausen
In Wirklichkeit hat Grimmelshausen also so ausgesehen, wie
er in der Festschrift der Stadt Renchen auf Seite 14 abgebildet ist. Alle
anderen Bilder müssen wir aus dem Gedächtnis streichen. Er trug keinen
langgezogenen Schnurrbart, sondern einen Spitzbart. So hat die Wissenschaft
Stück für Stück Neues entdeckt, das das Bild unseres Dichters abrundet
.
Ich sehe unsere Aufgaben in der Grimmelshausen-Runde darin, daß wir
das Bild von Grimmelshausen als größtem deutschen Barockdichter richtigstellen
und alle falschen Darstellungen angehen. Es muß uns gelingen,
eine gut bearbeitete, neue „Simplicissimus-Ausgabe" für die Schulen und
eine Volksausgabe herauszugeben. Wenn eine solche richtig gemacht wird,
dürfte sie auch in der heutigen Zeit ein Bestseller werden.
Wir müssen aber auch alle Publikationen angehen, die nicht korrekt oder
irreführend sind. Wie kann es passieren, daß eine so angesehene Zeitung
wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" einen ganzseitigen Grimmelshausen
-Artikel bringt, in dem die Landschaft, in der er wirkte, noch nicht
einmal genannt ist. Geschweige denn die Städte Offenburg, Oberkirch und
Renchen. Wir finden dort lange Abhandlungen über Grimmelshausen in
seinem Geburtsort Gelnhausen — wir sind den Geinhäusern bestimmt
nicht neidisch — und seine Entführung durch die Kroaten in der Festung
Hanau. Auch hier finden wir wieder die Kombination, die nicht stimmt:
Simplicius und Grimmelshausen werden identisch gesehen.
Hier heißt es wörtlich: „Der Krieg ist grausam, seine Menschen werden
gemein, Simplicius und Grimmelshausen hausten unter Mördern, Räubern,
Sadisten, Wundersüchtigen, Falschspielern, Schändern, Betrügern. Ihre
Sprache paßt sich an, hat der Höllenzunft aufs Maul gesehen, und doch
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