http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0077
römische Gallien, sondern auch Oberitalien unmittelbar bedroht. Zwar
galten die Alpen als natürliche Abgrenzung nach Norden, aber die Passage
um Südgallien war sehr gefährdet. Außerdem war nicht der Rhein, sondern
der unwegsame Schwarzwald von jeher als natürliche Grenze gegen
die östlich davon sitzenden Volksstämme anzusehen.
Diese Tatsache spiegelt sich in der Vielzahl alamannischer Überfällen wieder
, deren Stoßrichtung wegen des gesperrten und unpassierbaren
Schwarzwalds nach beiden Flanken, an den Nord- und vor allem wegen
dem Drang nach Oberitalien, an den Südrand abgelenkt wurde. Da die
römische Verteidigung diese beiden allergischen Punkte nicht mehr vollständig
unter ihre Kontrolle brachte, gelang es den Alamannen immer
wieder, in Stoßtrupps durchzubrechen, sich insbesonders auf der anfänglich
wenig befestigten und militärisch weniger abgedeckten rechten Rheinseite
durchzumanövrieren und die zivilen Einrichtungen von den klassischen
Gebieten Galliens abzuschneiden oder zu zerstören. Da mit diesen
Überfällen auch die datierbaren Keramiklieferungen aus dem Westen
ausblieben und keine neuen Denkmäler mit Inschriften mehr errichtet
wurden, ist auch nicht mit einer exakten archäologischen Zeitbestimmung
der einzelnen Zerstörungsphasen in diesem Gebiet zu rechnen.22
Während des wechselnden Besitzes des südlichen rechten Oberrheins in
dem lang andauernden Krieg, dürften vor allem Straßen, die militärisch
wichtigsten Objekte, von den Römern nach und nach in diesem Grenzland
durch Befestigungen abgesichert worden sein. Dafür gibt es bereits zu
Beginn des Kriegs schriftliche Hinweise, die von Zeit zu Zeit wiederholt
und von zeitgenössischen Schriftstellern für die spätrömische Zeit bekräftigt
wurden.23 Da aber diese Dokumente nicht über eine pauschale Erwähnung
hinaus gehen, war es notwendig, andere Quellen zu suchen. So
gelang es, entlang des Limes Flurnamen mit römischen Befestigungen zu
identifizieren. Sie markieren dort den Verlauf zeitlich verschieden erbauter
Linien, die nicht nur als Grenze, sondern auch zum Schutz einer direkten
Straßenführung von Nord nach Süd, vom Main zur Donau angelegt
waren.
Werden nun die Bezeichnungen für römische Anlagen vom Limes auf das
spätere Grenzland Ortenau projiziert, so ergibt sich ein recht aufschlußreiches
Bild der römischen Verteidigungslinien. Namen, wie „Teufelshaag,
Landhaag, Wehrhaag, Murhaag, Langer-Haag, Wisenhaag, Roter Hamm,
Pfahl, Murberg, sowie ähnliche Wortbildungen, wie sie in der Ortenau
22 Stähelin, S. 260 „Offenbar war Aventicum (Avenches/Schweiz) durch den Alamannensturm von 259/60
und die weiteren Stürme, die im Verlauf der nächsten zwei Jahrzehnte folgten, recht schwer heimgesucht
worden. Daß der Kriegsschrecken damals unser Land von einem Ende zum anderen durchtobt
hat, bezeugen mehrere Münzschätze, die gerade im Jahr 259 bei Waldkirch (nordwestlich von
St. Gallen), Bex und in der Umgebung von Genf vergraben worden sind.
23 Wie Anm. 11, 17 und 18.
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