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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 140
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0142
wußte, daß dieses Offo-Grabmal über der Stätte gebaut wurde, in der seit
frühester Zeit die verehrten Gebeine des Gründers ruhten; zuerst in dem zerbrochenen
Rundgrab, später erhoben in dem Mosaik-Grab, und beide Behältnisse
der Reliquien Offos wurden nun überbaut und gekrönt durch das neugeschaffene
Grabmal. (Abb. 2.) Die Erstbestattung des Gründers geschah vermutlich
in der kleinen, früh abgegangenen Memoria westlich der Kirche, von wo die
Gebeine in die erste karolingische Großkirche, in das Rundgrab, übertragen
wurden. Die Definition der Gedächtniskapelle — die Abt Börner bauen ließ —
als „Offo-Mausoleum" verrät uns, wessen Gebeine in den darunter liegenden
Reliquien-Behältnissen, die nun zerstört waren, einst aufbewahrt wurden.
Doch wissen wir dies auch vom Uberfall der Bürger der Städte Kenzingen und
Endingen auf das Kloster, bei welchem sie im Jahre 1303 das Offo-Grabmal
zerstörten und auch die in der Tiefe liegenden älteren Gräber Offos in Mitleidenschaft
zogen — der begehrten Gebeine Offos wegen! ^

Das alles besagt noch nichts über die königliche Herkunft des Gründers. Der
„rex Offo" des Klostersiegels von 1355 wird als späte Unterschiebung betrachtet
. „Die Mönche wollten ihren Stolz darein setzen, einen König zum Stifter zu
haben".24 Auch Mone meint, daß die Offo-Legende dem Studium der Mönche
von Bedas „de gestis Anglorum", oder irisch-schottischen Mönchen, die im
9. und 10. Jahrhundert in die oberrheinischen Klöster kamen, zu verdanken
sei.25 Das alles ist nicht stichhaltig. Der Historiker Beda starb im Jahre 735;
den König Offa von Mercien kannte er nicht mehr, und zu keiner Zeit dachten
die Mönche in Schuttern daran, ihren König Offo (auch im Siegel ein Offo,
kein Offa) mit König Offa zu identifizieren. Letzterer war eine historisch so
bekannte Gestalt, daß sie dem Gedächtnis der gebildeten Mönche nicht entschwunden
sein konnte. Offa von Mercien stand mit Karl dem Großen im
Briefwechsel; Karl schenkte ihm awarische Hoheitszeichen und bat um seine
Tochter. Offa wünschte dagegen eine Tochter Karls für seinen Sohn. Die Beziehung
kühlte sich danach wohl ab.28 Mit diesem berühmten und späten König
Offa hat der König Offo des Klosters Schuttern nichts zu tun. Trügt die Überlieferung
doch?

Was liegt dem Unglauben der Historiker an diesen König Offo zugrunde? Es
ist leicht einsehbar: ein König, der als oberste Spitze einer Hierarchie — über
Fürsten und Adel gebietend — als eine historisch nicht greifbare, nebulose
Gestalt erscheint, von dem keine Quelle berichtet — das ist ein Märchenkönig.
Es ist die Vorstellung des hohen Mittelalters und der Neuzeit vom „König", die
der schutternschen Uberlieferung entgegensteht. Diese Vorstellung deckt sich
jedoch keineswegs mit dem Königsbegriff des 6.11. Jh. in England und Gallien.
„Cyning" bedeutet bei den germanischen Völkern den Mann aus vornehmen
Geschlecht, „weniger den Herrscher als den Adeligen. Deutlich wird es bei den
Angelsachsen. Es wimmelt geradezu von .Königen' in der angelsächsischen
Welt; es ist gar nicht möglich, jedem von ihnen ein eigenes Königreich zuzuweisen
".27 Erst die allmähliche Unterwerfung der Mehrheit des Adels unter
einen Einzigen führte zur späteren Vorherrschaft eines Rex und zur Bildung
des Königtums.

23 Freiburger Diözesan-Archiv, Bd. XIV / 1881, S. 160.

24 K. Schaffner, a.a.O. S. 230.

25 Mone, a.a.O. Bd. III, S. 49.

26 W. Braunfels, Karl der Große, Persönlichkeit und Geschichte, Düsseldorf 1968, Bd. I, S. 559, 730,
793—796.

27 H. Dannenbauer, Adel, Burg und Herrschaft bei den Germanen. In: Herrschaft und Staat im Mittelalter
, Darmstadt 1964, S. 129.

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