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Neuen oder Jungen Rat als Organ der Zünfte neben dem Alten oder Zwölferrat
, wodurch auch die Zünfte an der Stadtverwaltung beteiligt wurden. In
einer Urkunde von 1360 werden 14 Namen als seine vollzähligen Mitglieder
aufgezählt, lauter Handwerker. Es war also ein sogenannter 14er-Rat, ähnlich
wie in Straßburg. Aus ihm wurde das Amt des 2. Stättmeisters besetzt. Der
Junge Rat sollte die Verwaltungsvorschriften erlassen und die städtischen
Ämter vergeben. Das Stättmeisteramt war als Entlastung für den Schultheißen
gedacht, dessen Arbeitsanfall mit dem Wachstum der Stadt stark zugenommen
hatte. Diese Wandlung in der Stadtverfassung sagt uns deutlich, daß Lambert
sich eingehend mit den Rechtsverhältnissen Gengenbachs befaßte. Wir werden
dies auch später noch erkennen.
Kaum war Lambert in Gengenbach Abt geworden, da wurde der Straßburger
Bischof der Pfandherr des Königs in der Ortenau, wozu drei Teilgebiete gehörten
. Das Hauptverwaltungsgebiet war die Landvogtei Ortenau. Dazu kam
die klösterlich-gengenbachische Grundherrschaft, aber nur mit der Schirmherrschaft
, die der König sich vorbehalten hatte, und die Hochgerichtsbarkeit, letztere
freilich nur als Beauftragung durch den Abt; als 3. Einheit die ortenaui-
schen Städte Gengenbach, Offenburg sowie Zell mit Harmersbachtal, jedoch
auch nur mit der königlichen Schirmherrschaft. Als Oberbeamte schickte der
Pfandherr einen Landvogt auf das benachbarte Schloß Ortenberg.
Allein die Rechtsverhältnisse waren in den drei Teilen recht verschieden. Ohne
dies zu beachten, versuchten die Landvögte alles möglichst zu vereinheitlichen.
Dabei kamen sie häufig mit den ungewöhnlichen Gengenbacher Rechten in
Konflikt. Da gab es dann lange unfreundliche Auseinandersetzungen, weil keine
Seite nachgeben wollte. Insbesondere wollten die Pfandherren eine angemessene
Verzinsung ihrer hohen Pfandsumme (23 000 Gulden) aus den Pfändern
herauswirtschaften. Die Gegensätzlichkeit war groß, war aber gar nicht so leicht
zu bereinigen. In solchen Fällen versuchte Lambert zu schlichten und zu vermitteln
.
Bei Gründung der Stadt Gengenbach hat ihr die Abtei die privatrechtliche und
die sogenannte niedere öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit für den Stadtbereich
verliehen. Wo es sich aber um Leib und Leben oder größere Verbrechen handelte
, war der beamtete Inhaber des Hochgerichts, also der Landvogt, zuständig
in besonderem Verfahren. Damals waren die Grenzen der Zuständigkeiten
nur ungenau und allgemein festgesetzt. Daraus ergaben sich endlose Zuständigkeitsbeschwerden
. Hier griff Lambert, der die drohende Gefahr erkannte, ein,
und ruhte nicht, bis die Pfandherren 1358 die städtischen Rechte urkundlich
anerkannten, nämlich daß sie und ihre Vögte die Sprüche der Rats-Zwölfer,
den Besitz der Stadt und der Bewohner sowie die unabhängige städtische Gerichtsbarkeit
unangetastet gelten lassen wollten. Sie versprachen ferner, gegen
den Willen der Bürger keine neuen Gebäude zu bauen, keine neuen Bewohner
anzunehmen und die Juden in ihren Rechten zu belassen (nach dem königlichen
Schutzrechtsprivileg der Stadt). Als Gegenleistung übernahm die Stadt
eine jährliche Steuer von 40 Mark Silber an die Pfandherren 23. Damit war ein
gutes Stück Sicherheit für die Stadt gewährleistet. Daraus kann man die Hauptstreitpunkte
entnehmen. Aber trotzdem gab es immer wieder Übergriffe der
Beamten, die leider zu häufig wechselten.
Ein Schritt, mit Hilfe der Reichspfandschaft landesherrliche Dauerrechte zu erwerben
, gelang dem Straßburger Bischof. 1358 erlangte er einen königlichen
23 Kuner, Verfassung, Verwaltung der Reichsstadt Gengenbach, 1939, S. 8; Hitzfeld, Gengenbach, 1960,
S. 55.
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