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Mitgliedern und Dienern geistlicher Körperschaften. Der Rat hat bestimmt,
daß ein Laie, der einen Geistlichen mißhandelt, keinem Frevel, Strafe oder
Gericht verfallen sein solle. Der Rat zieht geistliche Sachen vor sein Gericht
und gestattet den geistlichen Richtern entgegen dem Gesetz nicht, darüber
abzuurteilen. Der Rat will nicht haben, daß die geistlichen Richter geistliche
Personen und jene, die nach Recht und Gewohnheit vor ein geistliches Gericht
gehören, aburteilen und verhindert die höhere Berufung und den Vollzug
derselben." Das alles wurde vom Kaiser abgestellt durch die genannte Urkunde
. Die selbständige Zuständigkeit des bischöflichen Gerichts wurde genau
dargestellt. Er hob darin die eigenmächtigen, dem Gesetz, der Freiheit und
dem Gewohnheitsrecht widerstreitenden Neuerungen auf und gebot dem Rat
der Stadt Speyer, bei Verlust aller Reichsfreiheiten dieselben alsbald abzustellen
und die Rechte der Geistlichkeit zu achten 43.
Inzwischen war Lambert mit seinen Überlegungen und Nachforschungen zur
Sicherstellung seiner Stadt Gengenbach gegenüber der Pfandherrschaft zu
Ende gekommen. Er wurde sich klar, daß er als Abt der Klosterherrschaft
Gengenbach ein großes Opfer bringen müsse, und er war entschlossen, es zu
bringen.
In seiner vorausschauenden staatsmännischen Klugheit glaubte Lambert, daß
die Städte schließlich doch einmal dem Überdruck der Pfandherren nachgeben
müßten und sann auf geeignete Abhilfe. Als oft herangezogener Berater und
Helfer Karls IV. durfte er sich zuweilen als Dank für seine dem Reich geleisteten
Dienste einen besonderen Gnadenerweis vom Kaiser erbitten. Solche
Anlässe benutzte nun Lambert, um der Stadt Gengenbach durch eine grundlegende
Änderung ihrer staatsrechtlichen Stellung Ruhe zu verschaffen und
sie stärker und für die Dauer in ihrem Bestand zu erhalten.
Ein solcher im Reich einmaliger Vorgang mußte natürlich zuvor mit dem Kaiser
abgesprochen sein. Da mußte Lambert zuerst die abteiliche Stadt aus dem
Schutz und Schirm der Abtei entlassen. Darauf bat er den Kaiser, den Gengenbacher
Bürgern ihre städtischen Rechte und ihre Güter zu bestätigen, wofür
er bisher ja nicht zuständig war, sowie die Stellung der Stadt gegenüber
den Pfandherren dadurch zu klären, daß er ihr die vollständige und uneingeschränkte
Gerichtshoheit verleihe und sie als kaiserliche Stadt in den Schirm
des Reiches aufnehme. Zur Vervollständigung dieser neuen Rechtsetzung
mußte Lambert der Stadt noch ein für die selbständige Existenz ausreichendes
Reichsstadtgebiet zuerteilen durch Abtretung aus seinem eigenen Gebiet.
Alles dafür Erforderliche tat der Kaiser der Reihe nach und mit den abschließenden
Urkunden vom 29.12. 1365 und vom 5.1.136 6 44. Darin bestätigte er der
Stadt das bisherige Stadtrecht und nahm sie dann an sich und ans Reich. Von
da an war Gengenbach nicht mehr eine Stadt der Abtei wie bisher, sondern
„eine Stadt des Kaisers und des Reiches" („unsere und des Reiches Stadt"),
wie von da an die amtliche Bezeichnung lautete. Der Kaiser „empfing die Stadt
und die Bürger mit allen ihren Gütern in seinen und des heiligen Reiches
Schirm, Behältnis und aller vollkommensten Gewalt in Kraft dieser Urkunde
" 45.
43 Urkundenbuch Nr. 641; Remling a.a.O. S. 640.
44 GLA, K, Selekt der Kaiser- u. Königsurkunden Nr. 352; Arch. GOZ Specialia Nr. 922 vom
1. I. 1366 u. a.
45 Ebenda.
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