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Mehrmals mußte das Reichsregiment eingreifen, bis dann schließlich am 20. November
1527 ein Vergleich zwischen Kloster und Graf Wilhelm zustande kam.118
Doch die Abtei konnte sich über die Einigung nicht lange freuen, da der Graf
nicht locker ließ, nach einer Gelegenheit zu suchen, um in die Klosterverhältnisse
einzugreifen. Diese Möglichkeit schien ihm nach dem Tode des Abtes
Philipp von Eselsberg im Jahre 1531 besonders günstig. Mit Gewalt brach er in
das Kloster ein und hielt es mit seinen Knechten besetzt, bis er die Wahl des
Melchior Horneck von Hornberg zum Abt durchgesetzt hatte. Die Wahl kostete
für Horneck 200 Gulden, die er Graf Wilhelm gab, „daß er im zu der prelatur
hat geholfen".«»
In Melchior hatte der Kastvogt ein gefügiges Werkzeug, um die alten Säkularisationspläne
von 1525 wieder hervorzuholen. Der sittenlose und verschwenderische
Abt, der bald ganz in Abhängigkeit des Grafen gelangte, brachte das
Kloster in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten.1-0 Schon bald nach seiner
Wahl wurde er vom Straßburger Bischof wegen verschiedener Vorfälle für ein
Jahr von der Klosterverwaltung suspendiert.121 Dies war eine wichtige Voraussetzung
für den Fürstenberger, selbst die Klosterherrschaft zu übernehmen. Als
der Abt am 30. September 1533 vom Kastvogt wieder in die Verwaltung des
Klosters eingesetzt wurde, mußte er versprechen, nichts ohne Wissen und Willen
des Grafen oder seines Amtmannes zu unternehmen. Die Verwaltung des
Klosters lag nun nahezu ganz in den Händen seines Schirmvogtes. Infolge seines
geringen Personalbestandes hatte der Konvent nicht die Kraft, sich gegen die
Eingriffe des Grafen wirksam zur Wehr zu setzen. Dieser erreichte vielmehr
nach seiner Rückkehr aus Frankreich 1539, mit dem Abt einen Pensionsvertrag
auf sechs Jahre abzuschließen.122 Danach sollte der Abt eine jährliche Pension
erhalten und dafür dem Schaffner des Landvogts volle Handlungsfreiheit gewähren
. Seit 1540 war also der Graf faktischer Besitzer der Klostereinkünfte,
die er von seinem Schaffner verwalten ließ.
Wilhelms Plan war, nach dem Aussterben der Konventualen die gesamte Abtei
an sich zu reißen. Als Abt Melchior 1540 gestorben war, blieb der Prior Friedrich
von Keppenbach als einziger Klosterinsasse übrig. Auch diesen hoffte der
Graf, ganz fügsam zu machen. Er ließ deshalb gleich nach dem Tod des Abtes
das Kloster durch seinen Amtmann besetzen, um eine Abtswahl zu verhindern.
In den nun folgenden verwirrenden Vorgängen spielte der künftige Abt keine
glückliche Rolle. Dauernd zwischen zwei gegensätzlichen Parteien, Bischof und
Graf, schwankend, versprach Keppenbach nach Kerkerhaft dem Grafen, nicht
zuzulassen, daß von Straßburg ein anderer zum Abt gewählt werde, die Prä-
dikanten im Kloster zu belassen und nicht zu ändern, was „die von Gengenbach
in ihrer Kirche gehandelt und geordnet" hätten.12*
Während der gesamten Amtszeit des Grafen als Ortenauer Landvogt bestanden
Streitigkeiten mit dem Straßburger Bischof, die sich immer wieder an dem
eigenmächtigen Vorgehen des Fürstenbergers gegenüber dem Kloster Gengenbach
und hinsichtlich der Einführung der Reformation, d. h. Setzung von Prädi-
kanten in den Dörfern der Landvogtei, entzündet hatten. Schriftliche Beschwerden
und Mahnungen von Seiten des Bischofs waren stets ohne Wirkung geblieben
. Jetzt ging der Straßburger Bischof jedoch energischer vor. Durch sein Eingreifen
als Ortsbischof und des Bamberger Bischofs als oberster Lehnsherr des
118 GLA 30/69.
119 Brief des Priors und Konvents an den Straßburger Bischof Wilhelm, in dem jene sich über die
schlechte Führung des neuen Abtes beklagen. 1532 April 4. (Abgedruckt bei Ruppert, ZGORh 33
[1881]), S. 132—134.)
120 Prior und Konvent an Bischof Wilhelm: 1532 April 13: „dan wo er noch ein zittlang regieren sollt,
wie bißher, wurd er das gotzhuß gar ins verderben fieren." (Ebd. S. 134—135.)
121 GLA 30/63 1532 Juni 21; vgl. auch Ruppert, ebd. S. 138—141.
122 Frank, FDA 6, S. 21—22.
123 Frank, FDA 7, S. 91.
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