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gen zwischen katholischem und protestantischem Lager waren inzwischen erheblich
angewachsen. Als die Protestanten auf dem Reichstag zu Worms im
Frühjahr 1545 zu erkennen gaben, daß sie zu dem auf den 15. März 1545 einberufenen
Konzil von Trient nicht erscheinen wollten, entschloß sich der Kaiser
zu einem gewaltsamen Vorgehen.
Karl begann im Sommer 1546 den Krieg gegen die Schmalkaldener, um die
Kircheneinheit und damit zugleich die Reichseinheit wiederherzustellen und die
protestantische Opposition im Reich zu zerschlagen.
Nach der siegreichen Schlacht bei Mühlberg im April 1547 hatte der Kaiser die
süddeutschen Territorien und besonders die Reichsstädte in seiner Hand. Da er
inzwischen jedoch auch mit dem Papst in Konflikt geraten war und vom Konzil
augenblicklich keine Lösung der Glaubensfrage erwarten konnte, versuchte er
auf dem Augsburger Reichstag 1547 / 48 die Glaubensfrage in seinem Sinne zu
ordnen. Im Reichstagsabschied vom 30. Mai 1548 erließ der Kaiser eine von
mehreren Theologen ausgearbeitete vorläufige Religionsordnung, das Augsburger
Interim. In 26 Artikeln sollten altgläubige Lehre und katholische Ritualien
wiederhergestellt werden, wobei man den Protestanten erlaubte, das Abendmahl
, vorbehaltlich der päpstlichen Dispens, den Laien unter beiderlei Gestalt
vorübergehend zu spenden und bereits verheiratete Priester im Amt zu belassen
. Dadurch sollte ihnen die Rückkehr zur alten Kirche erleichtert werden.
Während die katholischen Stände das Interim für ihr Gebiet ablehnten, konnte
der Kaiser dessen Durchführung nur in den süddeutschen, protestantischen Gebieten
durchsetzen. In den oberdeutschen Städten wurden altgläubige Geschlechter
wieder in das Stadtregiment eingesetzt. Der Erfolg des Interims blieb zum
großen Teil jedoch gering, da es in den evangelisch gewordenen Gebieten jetzt
an katholischen Priestern mangelte und die meisten lutherischen Prädikanten
ihr Amt aufgeben mußten.
2. Die Durchführung des Interims in der Landvogtei Ortenau und im
Kinzigtal
Nachdem der protestantische Graf Wilhelm die Landvogtei Ortenau und die
Herrschaft Kinzigtal seinem katholischen Bruder Graf Friedrich bereits 1547
übertragen hatte, war nun zusammen mit dem Inkrafttreten des Interims eine
wichtige Voraussetzung gegeben für die Rekatholisierung der Landvogtei Ortenau
und des Kinzigtals.
Graf Friedrich schickte am 11. Juli 1548 an seinen Amtmann Jos Münch drei
Exemplare des Interims: Eines für seine Amtleute, die anderen für die Herrschaft
Kinzigtal und die Landvogtei Ortenau.141 Auf kaiserlichen Befehl habe
er, so schreibt der Graf, die Anhänger der „newen confession" zu ermahnen, das
Interim anzunehmen.
Die drei höchsten Beamten des Kinzigtals wurden mit der Durchführung des
Interims betraut. Da diese aber selbst Anhänger der neuen Lehre waren, versuchten
sie zunächst, die Bedingungen zu mildern bzw. ihre Durchsetzung hinauszuzögern
, indem der fürstenbergische Amtmann Münch Graf Friedrich darauf
hinwies, zunächst die Maßnahmen hinsichtlich des Interims im angrenzenden
Württemberg abzuwarten; denn „solt ich (Münch) meßpfaffen uff stellen und
die underthanen darzu trengen, ist wider mein gewissen, kans und wills auch
nit thun".142 Unterstützung erhielten die Amtleute von Graf Wilhelm auf Schloß
Ortenberg, der sehr darüber erbost war, daß „yedermann vom glauben abfallen
wöll".1«
141 MFFA I, Nr. 633, S. 447.
142 Schreckenstein, FDA 2, Beil. IV, S. 29; 1548 Juli 27.
143 Ebd. Beil. V, S. 30; 1548 Juli 27.
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