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Habsburger zurückfiel. Damit war die Religionsfrage endgültig zugunsten der
katholischen Kirche entschieden. Die Rückkehr zur katholischen Lehre wurde
nicht bei allen Bewohnern gern vollzogen. Vierordt spricht sogar von großem
Widerstand in der Ortenau und im Kinzigtal.151
3. Das Interim in Gengenbach
Da die Reichsstadt Offenburg sich schon lange vor dem Interim wieder der alten
Kirche zugewandt hatte und das Interim für die Reichslandvogtei eine ziemlich
rasche Abkehr von der neuen Lehre bedeutete, konnte die evangelische
Reichsstadt Gengenbach von den Vorgängen im Reich und in ihrer Umgebung
nicht unberührt bleiben. Dazu kam, daß der Kaiser auf die oberdeutschen
Reichsstädte seit seinem Sieg über die Schmalkaldener ein besonderes Augenmerk
richtete. Er interessierte sich sehr dafür, welche Haltung die Städte dem
Interim gegenüber einnahmen.
So schickte der Kaiser gleich nach Verkündigung des Interims einen eigenhändig
unterschriebenen Brief an die Reichsstadt Gengenbach.152 Darin erläuterte er,
wie es zum Interim gekommen sei und daß er nun wieder Einigkeit und Ordnung
im Reich schaffen wolle. Dazu werde die alte Religion wieder überall eingeführt
, außer „zwayer Punkten, der Communion undter baider Gestalt und der
Priester Ehe". Er hoffe auf das gehorsame und freundliche Bemühen der Stadt
in der Sache des Interims und wünsche nicht, daß sie sich anderen Städten anschließe
, die sich gegen das Interim ausgesprochen hätten. Innerhalb acht Tagen
sei von der Stadt ein Bericht darüber vorzulegen, wie sie seinem Begehren
nachkommen werde. Falls Gengenbach jedoch Bedenken gegen das Interim
habe, was er (der Kaiser) nicht verstehen würde, dann solle eine Gesandtschaft,
„darundter zum wenigsten ain Bürgermaister und zween des Raths" sein sollen,
ihm dies pünktlich mitteilen.
Vermutlich herrschte in der Stadt nach Eintreffen dieses eindeutigen Briefes
einige Ratlosigkeit. Schon am 6. Juni wandte sich Gengenbach an Graf Friedrich
von Fürstenberg, teilte diesem mit, daß der Kaiser wegen der strittigen „Religion
und Glaubenssachen" Antwort begehre, und bat ihn, ihrem Boten bei der
Abgabe der Antwort beim Kaiser behilflich zu sein.15' Was die Stadt dem Kaiser
antwortete, können wir einem zweiten Schreiben des Kaisers an Gengenbach
vom 7. Juli 1548 entnehmen.154 Danach habe die Stadt „gehorsamblich bewilligt",
das Interim anzunehmen. Dem Kaiser sei jedoch „in glaublich erfarung komen",
daß mit dem Interim in Gengenbach noch kein Anfang gemacht worden sei, obwohl
er auf die „selbstgethane Zusag" der Stadt vertraute.
Deshalb gebietet er nun ernstlich, daß die Stadt seinem Begehren und ihrer
Zusage nachkomme und das Interim ohne weiteren Aufschub oder Verzug ins
Werk gesetzt werde. Dies sei auch bei Bürgerschaft oder Untertanen bekanntzumachen
. Wer dem Interim zuwider handle, dagegen rede oder schreibe, sei gebührend
zu bestrafen, „andern zu ainem Exempel". Ein Bote habe über die
Ausführung dieses Befehls schriftliche und zuverlässige Antwort zu geben.
Der Kaiser war also recht unnachgiebig. Die kleine und machtlose Reichsstadt
Gengenbach mußte sich dem übermächtigen Kaiser beugen. Sie konnte es sich
nicht leisten, das Interim abzulehnen, wie das andere, größere Reichsstädte,
z. B. Straßburg, taten.
Am 26. August teilte die Stadt dem Grafen Friedrich mit, daß sie auf Befehl
des Kaisers das Interim angenommen habe, obwohl sie es nicht kenne.155 Damit
sie nicht weiterhin verdächtigt werde, habe sie den Abt gebeten, als Kollator der
Pfarrkirche diese neu zu besetzen. Graf Friedrich aber solle sich bei dem Abt
151 Vierordt, a.a.O. S. 389.
152 GLA 202/482 1548 Mai 30.
153 MFFA I, Nr. 630; 1548 Juni 6.
154 GLA 202/482 1548 Juli 7.
155 MFFA I, Nr. 641; 1548 August 26.
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