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Der 1. Weltkrieg ließ den jungen Georg König rasch zum Manne reifen. Mit
17 Jahren wurde er Gebirgsartillerist des Deutschen Alpenkorps. Er wurde in
den Karpaten, in Siebenbürgen, Serbien und an der österreichisch-italienischen
Front am Isonzo eingesetzt. Eine schwere Typhuserkrankung warf ihn gegen
Kriegsende darnieder. Der Wiedergenesene betätigte sich nach seiner Heimkehr
als Leiter der väterlichen Zigarrenmanufaktur, die sich Anfang der zwanziger
Jahre in Freistett zu einem mittleren und zeitweise florierenden Betrieb
entwickelte. Die Blütezeit hielt jedoch nicht lange an. Die Wirtschaftskrise
jener unsicheren Zeit zwang Georg König, die Zigarrenherstellung aufzugeben.
Er verheiratete sich mit der jüngeren Tochter des bereits verstorbenen Bürgermeisters
, Genossenschaftspräsidenten und Abgeordneten Friedrich Saenger,
die ihm einen Sohn und Zwillingsmädchen schenkte. König widmete sich nun
ausschließlich der Landwirtschaft, obwohl dieser Berufsstand in jener Zeit
schwer um seine Existenz zu ringen hatte. Daneben kümmerte er sich als Vorsitzender
um den Musikverein.
Hitlers Machtergreifung brachte auch für Diersheim tiefgreifende Veränderungen
. Einwohner, die der Politik des „Führers", den Maßnahmen der NSDAP
und ihrer Gliedorganisationen kritisch gegenüberstanden, hatten es damals
nicht leicht, ungeschoren davonzukommen. Nachdem sich Georg König mit
einigen örtlichen Parteifunktionären, teils aus politischen, teils aus persönlichen
Motiven zerstritten hatte, blieb ihm 1938 nur noch die „Flucht nach vorn"
übrig, wollte er nicht völlige Isolierung oder Schlimmeres für sich und seine
Familie riskieren: Er trat in die NSDAP ein, ohne sich jemals mit ihren Zielen
und Ideen identifiziert zu haben. Als der Westwallbau in die Rheindörfer rege
Betriebsamkeit brachte, mußte auch König mit seinem Pferdegespann Fuhrdienste
leisten, was ihm einen nicht geringen Nebenverdienst brachte.
Als der 2. Weltkrieg begann, wurde König zur Grenzwacht eingezogen. Nach
einigen Monaten wurde er als GREWA-Unteroffizier entlassen und gehörte
jener Gruppe Diersheimer Männer an, die während der Evakuierung der Zivilbevölkerung
das gesamte Vieh der Einwohnerschaft versorgten, die Feldbestellung
und Erntearbeiten vornahmen und bei Tieffliegerangriffen oder Artilleriebeschuß
Brände bekämpften, Verletzte versorgten und Tote begruben.
1941 verlor König die Schwiegermutter, 1943 seine erst vierzigjährige Lebensgefährtin
, 1945 seinen Sohn. Eine Tochter war ihm noch verblieben, die sich
später mit einem Lehrer verheiratete und mit ihrer Familie und dem Vater
bis zu seinem Tode in Hausgemeinschaft zusammenlebte. Seine unverheiratet
gebliebene Schwägerin Luise Saenger stand ihm aufopfernd bis 1966 zur Seite.
Bis zum Kriegsende war das Leben Georg Königs verlaufen wie das unzähliger
anderer Bauern. Von nun an sollte es sich wesentlich vom Dasein seiner
Mitbürger und Berufskollegen unterscheiden. Nach Monaten tiefer Resignation
und des Hadems mit seinem Schicksal, das ihm Gattin und Hoferben entrissen
hatte, stürzte er sich mit Vehemenz ins öffentliche Leben, zumal man damals
energische, politisch unbelastete Männer dringend benötigte.
1947 wurde er Kreisvorsitzender des neugegründeten Badischen Landwirtschaftlichen
Hauptverbands, wenig später Aufsichtsratsmitglied der damaligen Or-
tenauer Milchzentrale, die später in Schwarzwaldmilch GmbH. Offenburg umbenannt
wurde. Auch bei der Badischen Landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft
des Raiffeisenverbands in Karlsruhe wurde er als Vertreter Mittelbadens
in den Aufsichtsrat gewählt. Die ersten Jahre seiner Tätigkeit in den Berufsorganisationen
waren von seinem Bemühen gekennzeichnet, die Wunden des
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