http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0288
tatkräftigen und kunstsinnigen Geistlichen. Seine Tätigkeit als Erzieher der
Grafentochter mußte er von Kork aus in der Residenz der Landgrafen von
Hessen-Darmstadt, in Buchsweiler, weiterversehen. Der Landgraf hatte ihm
hierfür ausreichend Zeit eingeräumt und ihn durch einen Vikar weitgehend
von der seelsorgerischen Tätigkeit entlastet. Außerdem war er ausdrücklich
als Aufseher über die Pfarrer eingesetzt. Er hatte somit beim obersten Landesherrn
eine Vorzugsstellung, die ihn selbstbewußt und, wie wir noch sehen werden
, auch eigenwillig werden ließ.2
So setzte sich Oppermann einfach über die beim Korker Amtmann zur Orgelbeschaffung
bewilligte Summe hinweg und bestellte was ihm paßte. Bei Amt
kam man recht bald hinter diese Machenschaft.
Im ersten Zornesanflug schrieb Amtmann Exter unterm 29. Juli 1778 einen
zornigen Brief an das „Hochfürstliche Consistorium" in dem es heißt:
„Zu denen Zeiten der Apostel und der ersten Christlichen Kirchen wußte man
weder von Orgeln, noch von verzierten kostbaren Kanzeln und Altären. Der
Gottesdienst war dafür desto reiner, die Andacht wärmer und der Unterricht
lehrreicher. Heut zu Tage sieht man mehr auf das äußerliche. Man stellet
prächtige Orgeln auf, man hat Kanzeln und Altäre, die schön in das Gesicht
fallen. Der Gottesdienst selbst aber ist fast eine bloße Gewohnheit, die Andacht
— leyder! — bei vielen lau und der Unterricht oft zum Erbarmen matt und
elend.
Man will indoch jenen an sich ganz löblichen Anstalten ihren Wert keineswegs
absprechen. Der zur Verehrung und Anbetung Gottes bestimmte Ort verdient
allerdings eine seiner hohen Absicht gemäße Einrichtung, und ebenso gewiß
ist es auch, daß eine wohlgeordnete Kirchenmusik und ein regelmäßiger Gesang
ungemein viel zur Erweckung der Andacht beytragen können. Jedes empfindsame
Herz wird dadurch mit einem frommen Gefühl (geöffnet?) und der
Vortrag derer göttlichen Wahrheiten gewinnt den erwünschten Eingang. Nur
muß man bedauern, daß der Erfolg nicht allemal mit der Erwartung übereintrifft
, daß der Lehrer auf seiner Seite dasinige nicht leistet, was man mit Recht
von seinem Amt fordern kann.
In einem solchen betrübten Fall wird die Christliche Versammlung durch Orgel
und Gesang doch in etwas entschädigt und in so weit leidet auch ihr Nutzen
den allerwenigsten Widerspruch. Ueberhaupt ist bey einer zahlreichen Gemeinde
, wie die hiesige, die Aufstellung einer Orgel nie zu tadeln. Der Gesang
wird besser geführet, und das Werck an sich gereichet der Kirche zu einer
nicht geringen Verschönerung. Von Amtswegen kann man aber nicht unbe-
merckt lassen, dass die Sache mit weit geringeren Kosten hätte können angegriffen
werden, wenn der H. Superintendent und Pfarrer Oppermann, welcher
nach seiner ihm ganz eigenen Art überall den Oberbefehlshaber machen will,
aus dem Spiel geblieben wäre.
Man hatte denen Vorgesetzten zu erkennen gegeben, daß sie aufs höchste für
800 £L eine ganz artige Orgel bekommen könnten. Statt dessen geht der H.
Supp. Oppermann hinterwärts des Amts her, und schliesset mit dem Orgelmacher
, ohne die mindeste Wissenschaft von dergleichen Dingen zu haben, nach
seinem eigenhändigen, hier anverwahrten Originalaufsatz, den allerungereim-
testen Accord um 1580 fl. ab. Aus besonderer, wiewohl unverdienter, Nach-
2 Gräßlin, Ortsgesdiichte Kork (unveröff. Manuskript).
286
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0288