Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 305
(PDF, 70 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0307
reiten. Bei einer Rede in Königsberg am 22. August 1930 stellte der
Reichstagsabgeordnete Graf Reventlow fest: „Der Jude ist wie ein Bandwurm
im menschlichen Organismus, und es ist unsere Pflicht, ihn auszurotten
". Derartige Äußerungen häuften sich im folgenden Jahr. Nach dem
Bericht einer lokalen Zeitung prophezeite ein Fraktionskollege Revent-
lows, der Abgeordnete Mutschmann, im Juni 1931 bei einer Versammlung
in Plauen/Vogtland: „Und es werden einmal Synagogen rauchen, denn
nicht umsonst darf der jahrzehntelange Kampf gewesen sein, es kommt
der Tag der furchtbaren Abrechnung". Johannes von Leers, ein Protege
Goebbels', Verfasser des Buches „Juden sehen Dich an", der nach 1945 in
Argentinien und in Ägypten weiter für die Vernichtung der Juden eintrat
, bekannte am 18. August 1931 im Zehlendorfer Lindenpark: „Wir haben
uns zu einem fanatischen Antisemitismus zu bekennen, bis die Judenfrage
restlos gelöst ist". Ähnlich äußerte sich die NS-Prominenz: Gregor
Strasser am 23. Oktober 1931 im Sportpalast: „Der erste nationalsozialistische
Minister ist das Ende des Judentums in Deutschland".

Schon im Februar desselben Jahres war es am gleichen Ort bei einer
Kundgebung Goebbels' zu Zurufen gekommen: Juden an die Wand stellen
! Aufhängen! Goebbels stand dem nicht viel nach, als er am 4. November
1931 im Berliner Kriegervereinshaus bemerkte: „Die Juden sollen
lieber ihre Koffer packen, mir wäre an ihrer Stelle schon längst zu heiß".
In einem Zeitungsartikel aus dem gleichen Jahr befand sich der spätere
Propagandaminister in der Diktion von „Mein Kampf", wenn er schloß:
„Gewiß ist der Jude auch ein Mensch. Noch nie hat das jemand von uns
bezweifelt. Aber der Floh ist auch ein Tier — nur kein angenehmes. Und
da der Floh kein angenehmes Tier ist, haben wir vor uns und unserem
Gewissen nicht die Pflicht, ihn zu hüten und ihn zu beschützen, ihn gedeihen
zu lassen, damit er uns sticht und peinigt und quält, sondern ihn
unschädlich zu machen. Gleich so mit dem Juden .. ,"29

Hitlers Offenburger Wahlauftritt bestand im übrigen aus einem Querschnitt
der bekannten Themen, die aber immer wieder auf die Frage zurückgeführt
wurden, wie das deutsche Volk Qualitäten gewinnen könne
als Grundlage für eine Weltführungsrolle. Da war vom Dolchstoß und
von den Wirren in der Heimat die Rede, die den Frontsoldaten in die
Politik gezwungen hätten, vom Wendepunkt 1918, der den Gang der
Weltgeschichte für die nächsten 100—200 Jahre, womöglich aber auch für
immer festlegen werde. Hitler verstand es im Zuge seiner Ausführungen

29 Sämtliche Zitate dieses Abschnitts entstammen der „Central Verein-Zeitung". Blätter für Deutschtum
und Judentum. Organ des Centrai-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens e. V.,
X. Jg., Nr. 49 vom 4. 12. 1931, S. 571 f. — Archiv der Wiener Library London. Zur Rolle dieser
Zeitung in der Schlußphase der Weimarer Republik vgl. A. Paucker: Der jüdische Abwehrkampf.
In: W. E. Mosse (Hrsg.): Entscheidungsjahr 1932. Zur Judenfrage in der Endphase der Weimarer
Republik. Tübingen 1965, S. 408.

305


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0307