Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 306
(PDF, 70 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0308
gekonnt, an geeigneter Stelle die Stichworte „deutsch" und „national"
einzusetzen, um beim Publikum den vorauszusehenden Beifall zu ernten.
Unter ausdrücklichem Verzicht, zur Tagespolitik Stellung zu beziehen,
sprach er seine Zuhörerschaft als einen Kreis von Personen an, der sich
noch kein abschließendes Urteil über die NSDAP gebildet habe. In einer
bemerkenswert ungeschickten und hölzernen Vorgehensweise, voller Allgemeinplätze
und unscharfer Terminologien, versuchte er dann, bürgerliches
Lager und Arbeiterschaft unter den Stichworten „national" und
„sozialistisch" zu vereinigen. Im zweiten Teil forderte er in drei Abschnitten
Rassenreinheit und Geschlossenheit als Voraussetzung für den
deutschen Aufstieg, der — trotz aller Verweise auf die deutsche Nation —
letztlich grenzenlos sein sollte. Jede Etappe dieses „Programms" war für
Hitler nur ein Zwischenaufenthalt, um sich für die nächste Auseinandersetzung
vorzubereiten.

Die Schlußfolgerung aus Hitlers Ansprache in Offenburg und vergleichbaren
Auftritten an anderen Orten muß daher lauten, daß die Führung
der NSDAP nach dem 14. September 1930 keineswegs politisch auf
„Tauchstation" ging, um die weitere Entwicklung in der deutschen Innenpolitik
abzuwarten. Vor allem aber Hitler war von seiner historischen
Sonderrolle so überzeugt, daß er die entscheidenden Punkte seines politischen
Programms bei öffentlichen Veranstaltungen nur abschwächen —
und dies nicht einmal immer — aber nicht ausklammern konnte. — Es
klingt daher wie eine Ironie auf die Ereignisse in jener Novembernacht
des Jahres 1930, daß der schon mehrfach erwähnte Offenburger Adolf
Geck sie mit der „Einkehr des Propheten ... im Dome der landwirtschaftlichen
Halle" verglich und Hitler als den „Messias" und „Heiland" der
neuen Massenbewegung charakterisierte,30 eine Deutung, die Joachim
Fest in seiner Hitler-Biographie vollauf bestätigt.31 Dem ehemaligen
Reichstagsabgeordneten erging es aber wie seinen wenigen Mitstreitern.
Ihre Stimmen verhallten ungehört in den politischen Auseinandersetzungen
der Schlußphase der ersten deutschen Republik, die fortan an Lautstärke
und Intensität beständig zunahmen.

Deutsche Volksgenossen und Volksgenossinnen! *

Wohin Sie heute in Deutschland auch kommen, sehen Sie überall das Zeichen
einer Bewegung und sehen überall Millionen von Menschen, die dieser Bewegung
folgen und sehen Zehntausende, ja Hunderttausende junger Männer und
auch Greise, die sich für diese Bewegung restlos einsetzen, die ihre Zeit opfern,
die ihre wenigen Groschen hingeben, die manches Mal selbst ihr Leben einsetzen
müssen, alles um einer Sache zu dienen. Ich glaube, unsere Gegner verstehen
die gewaltige Kraft einer solchen Bewegung nicht. Sie meinen, daß man

30 Vgl. Anm. 3.

31 J. C. Fest: Hitler. Eine Biographie. Frankfurt/M.-Berlin-Wien 1973, S. 456 ff.

* Es wurden lediglich Rechtschreibung und Interpunktion heutigen Verhältnissen
angepaßt.

306


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0308