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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 329
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0331
wir zehn bis zwölf Stunden am Tage unter dauerndem Geschimpfe und
Schlägen der SS-Leute im Steinbruch arbeiten — mit einer Stunde Unterbrechung
für die Suppe, die von Anbeginn sehr unregelmäßig mit
der Seilbahn von der Stadt herkam. Oft kam sie erst um drei oder vier
Uhr nachmittags. Unnötig zu sagen, was für eine Suppe es war und in
welchem Zustand sie ankam. Sobald es anfing, kalt zu werden, war es
keine Flüssigkeit mehr, sondern Eisstücke ... Unter solchen Arbeitsbedingungen
bei der dürftigen Nahrung und der schlechten Behandlung
und bei dem Fehlen jeglicher Hygiene traten ansteckende Krankheiten
wie Ruhr, Tuberkulose und Typhus im Lager auf ... Infolge
Mangels an Medikamenten nahm die Sterblichkeit unter den Lagerinsassen
erschreckend zu ... Täglich verminderte sich die Arbeitskolonne
; denn mehrere von uns waren nicht mehr imstande, am Morgen
die Arbeit in den Steinbrüchen aufzunehmen. Sie waren entweder
nachts verstorben oder total erschöpft ... Jeden Morgen lagen die abgemagerten
Leichen unserer armen Kameraden auf einem Haufen vor
der Tür der Baracke. Sie wurden vormittags im Massengrab verscharrt,
das am Rande des Haslacher Friedhofes ausgegraben war .. ."56

Nach Aussagen eines Zeugen des späteren Rastatter KZ-Prozesses, der
im Lager „Kinzigdamm" als Schreiber tätig war, starben im November
1944 an einer Ruhrepidemie im Lager 192 Häftlinge.57

Am 10. September und 3. Oktober 1944 wurde das Zweigwerk Gaggenau
der Daimler-Benz-Werke von alliierten Flugzeugen zu achtzig Prozent
zerstört. Nun entschied das Rüstungsamt in Berlin, daß nicht die Mannesmann
A. G. oder die Messerschmidt-Werke nach Haslach verlagert
werden sollte, sondern ein Fertigungsbereich (u. a. Herstellung von Kurbelwellen68
) des Daimler-Benz-Werkes Gaggenau, das Wehrmachtsfahrzeuge
herstellte.59 Das Rüstungsamt in Berlin forderte nun von der Organisation
Todt nachdrücklich die Beendigung des Stollenbaus, damit das
Werk Gaggenau möglichst umgehend im „Vulkan" die Produktion aufnehmen
könne.60 Daimler-Benz konnte übrigens nie die Produktion in
den „Vulkan"-Stollen aufnehmen; denn nach beendeter Aufstellung des
Maschinenparks im März 1945 setzte infolge alliierter Luftangriffe die
Stromversorgung aus.61

56 Bericht des Rene Thalmann, ehemaliger KZ-Häftling des Lagers „Kinzigdamm" Haslach, über die
Zustände in diesem Lager. S. 7. Archiv des Internationalen Suchdienstes, Arolsen, Akten KZ Natzwei-
ler a.a.O.

57 Bericht vom Rastatter KZ-Prozeß, „Ortenauer Zeitung" v. 25. 2. 1947.

58 Diese Information vermittelte in dankenswerter Weise Herr Udo Forschner, Haslach.

59 Schreiben der OT an die Hartsteinwerke v. 15. 11. 1944, F. A. L.

60 Schreiben des Chefs der Heeresrüstung beim Oberkommando des Heeres in Berlin an die Firma
Daimler-Benz, Stuttgart-Untertürkheim v. 11. 1. 1945, Abschrift im F. A. L.

61 Information von Herrn Udo Forschner. — Es ist nicht auszuschließen, daß die Bombenangriffe auf
den Haslacher Bahnhofsbezirk Anfang 1945 in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Entladen
des Maschinenparks der Daimler-Benz-Werke stehen.

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