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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
58. Jahresband: Die Klöster der Ortenau.1978
Seite: 21
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„Nicht unpassend vergleicht man die Seele mit feinstem Flaum oder
einem ganz leichten Federchen. So lange so etwas nicht naß gemacht oder
verdorben wird, erhebt es sich beim zartesten Hauch. Wird es aber feucht,
dann ist seine Beweglichkeit behindert. So erhebt sich auch unser Geist
bei der leichtesten Anregung, wenn er rein ist. Wollen wir, daß unser
Gebet zum Unsichtbaren aufsteigt, müssen wir uns bemühen, daß unser
Geist gesäubert wird von Verkehrtheiten und Leidenschaften". Der
Mönchsvater geht dann auf einzelne Fälle ein: Um zu beweisen, daß wir
nicht an Großtuerei kranken, „genügt es nicht, nur das bleiben zu lassen,
was über unser Können geht, oder nur ein Verhalten abzulehnen, durch
das wir bei allen sofort abgestempelt wären, sondern dazu müssen wir
auch die überflüssigen Dinge konsequent zurückweisen, die wir zu eigen
haben könnten unter Wahrung unseres guten Rufes. Etwa wenn einer um
zwei oder drei Geldstücke arbeitet, wo ihm eines genügt. Oder es reichte
einem eine Zelle mit zwei Räumen, er baut sich eine mit vier, ja fünf, sehr
geräumig und mit ausgesuchtem Schmuck. Alle diese Dinge beschweren
den Geist eines Mönches nicht weniger als große Brocken die Sinne der
Weltmenschen".

Die XI. Unterredung stellt sich auf den Grundsatz, es gebe keinen
größeren Verlust als den Verlust der Sauberkeit der Absicht. „Einen
Menschen, der die Reinheit des Gewissens anstrebt, wird weder die
Rücksicht auf Anwesende besser machen, noch wird er sich im Alleinsein
schlechter verhalten. Ihm ist immer und überall das Gewissen Schiedsrichter
seiner Handlungen, ja sogar seiner Gedanken, deshalb sucht er
Ihm zu entsprechen, von dem er weiß, daß er ihn nicht täuscht und nicht
verläßt". Hat einer sich so als Kind annehmen lassen, dann gibt es keine
Furcht und kein Habenwollen, nur die Liebe. Wer die Liebe zum Guten
erlangt hat, wird mit dem innersten Wesen der göttlichen Langmut
begabt und wird für seine Gegner beten: „Vater, verzeih' ihnen, sie
wissen nicht, was sie tun". „Wir dürfen Zuversicht haben am Tage des
Gerichts, wenn auch wir so in dieser Welt sind, wie Er es ist" (1 Jo 4,17),
„der seine Sonne aufgehen läßt über Gerechte und Ungerechte" (Mt 5,45),
„wenn sich also unsere immer versöhnliche Herzensliebe über alle
erstreckt, damit so das Gute aus Liebe zu ihm selbst geschehe".

Kassian weiß, daß „auch ein Heiliger sich unmöglich freihalten kann von
Kleinigkeiten, die durch Unwissenheit, Vergeßlichkeit, Überraschung,
Angespanntsein usw. begangen werden. Obwohl nicht Sünden zum Tode,
sind sie nicht frei von Schuld und Strafe".

Furcht sieht er am Anfang des Weges, Furcht ist ihm aber auch die
Krönung der Liebe: eine „Furcht, die aus der Größe der Liebe kommt;
Furcht vor der leisesten Verletzung der Liebe". „Mit dieser sorgenden
Zärtlichkeit dürfen wir nicht verwechseln die knechtische Furcht; denn

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