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Gott gab uns nicht den Geist der Furcht, sondern den Geist der Kraft und
der Liebe und der Nüchternheit".
Lerins und St.-Victor wollten nur dem Westen angepaßte Klöster sein.
Ihre Auswirkung bietet viel mehr: die Äbte werden als Bischöfe geholt.
Hier nur die bekanntesten: nach Arles Honoratus, sein Nachfolger
Hilarius und noch später Caesarius; nach Riez Faustus; nach Vienne
Avitus; nach Lyon Eucherius; sie alle haben viel gegolten in ihrer Zeit35.
Für die erste Hälfte des 5. Jh's läßt sich ein Stammbaum der Klostergründungen
des Westens nicht anfertigen. Was wir von Mönchen der Zeit
vor 400 im alten Gallien erfahren, begeistert wohl, aber viele unbeantwortete
Fragen bleiben uns selbst überlassen. Wir sind dankbar, daß die
Ankunft eines Honoratus oder eines Johannes Kassian in der Provence
zeitlich einigermaßen feststeht. Vieles Andere benötigt immer neue
Überprüfung.
Ein Beispiel bietet die Mönchsgemeinschaft auf der Ile-Barbe (Insula
Barbara) in der Saöne am Nordrand von Lyon. Romanus, um 430 Gründer
des Juraklosters Condat, später St.-Claude, hat vorher seine Einschulung
in das mönchische Leben wahrscheinlich in der Lyoner Abtei durchgemacht
, so daß diese fast in zeitliche Konkurrenz mit St. Honorat und
St. Viktor gerät, man also zur Annahme genötigt ist, sie sei vor der
Bischofszeit des Eucherius (434-451) errichtet36. Verbindungen mit der
Provence müssen bestanden haben, denn Romanus erhält auf sein Bitten
hin Schriften Kassians mit auf den Weg 37.
Was wir für Martin behauptet finden, er habe viele, viele Abteien
gegründet, freilich namenlose, das treffen wir wieder bei Romanus: „Die
Schwärme der ehrwürdigen Väter begannen sich wie aus einem vollen
Bienenstock auszubreiten"; ,,... auch entfernter liegende Landstriche
besiedelten sie mit Klöstern und Kirchen". „Aus dieser einen Quelle
entsprangen die Neugründungen wie junge Bächlein". Nur von einer
einzigen Abtei kennen wir den Anspruch, von Condat gegründet zu sein,
von Romainmötier im Schweizer Kanton Waadt38. Eigentlich knistert der
35 Prinz 59-{>2 hat ein eigenes Kapitel „Lerinum als Schule gallischer Bischöfe" und 62-76 als nächstes ,,Klöster, die von
Lerins aus gegründet oder organisiert wurden", wobei er bei den Klöstern etwas weit ausgreift. - Decarreaux, vgl. 26.
zeichnet 144-155 die Provence als „Herd der mönchischen Kultur und Pflanzstätte der Bischöfe". KG II 1, 399 weist
eigens auf Eucharius, auch ..Eucher", hin.
36 Frühes Mönchtum im Abendland II. 99-168: ..Das Leben der Juraväter Romanus, Lupizinus und Eugendus". Die
Verbindung nach Lyon ist direkt, mit Ile-Barbe, einem Kloster in der Saöne. Hier lebte der Martinschüler Maximus.
so daß mehr vom Geist Martins hier war als im zweiten alten Lyoner Kloster St. Martin d'Ainay. Prinz 67/68.
37 Frühes Mönchtum im Abendland II 107; Anm. 20 u. 21 (S. 287). Romanus brachte diese Bücher mit von Ile-Barbe.
38 Für Romainmötier: Prinz S. 66 und Anm. 121.
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