http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1978/0066
kommt eine andere, in der Pirmin nicht erwähnt wird 208. Der Abt von
Murbach heißt jetzt Romanus. Konnte Pirmin in etwa anderthalb Jahren
den Murbacher Mönchen die benediktinische Form geben? Die verschiedenen
Urkunden machen uns Kummer; aber schon in dem Straßburger
Vertrag vom Himmelfahrtstag 728 wird als Regel des klösterlichen
Lebens die Regel des hl. Benedikt betont und gleichzeitig Lerins,
Agaunum-St. Maurice und Columban hervorgehoben 209. Die große, vor
allem im weiten Umkreis des Elsässer Belchens und bis hinüber nach
Luzern (Leodegar Kirchenpatron in Murbach und in Luzern!), aber auch
im südlichen Schwarzwald begüterte Abtei210 läßt uns Pirmin und sein
Wirken keinesfalls klarer sehen. Historiker haben sich redlich bemüht,
die in den möglichen Widersprüchen der Urkunden verdeckten Spannungen
zu einem Wegstück im Leben Pirmins zu formen211, aber bei aller
Anerkennung scharfer Kombinationsgabe bleibt die Frage nach der
Wirklichkeit. Pirmins Verbindung mit Ebersmünster und Weißenburg
sieht nicht aus wie ein Zerwürfnis mit der Familie der Etichonen, der
elsässischen Herzogsfamilie, zu denen Graf Eberhard, der weltliche
Stifter Murbachs, gehörte212.
Der lebendige Kontakt Karls des Großen mit Murbach, er war 792-794
Laienabt dieser Abtei, „Pastor Murbacensis"213, hängt sicher mit der
großen religiösen und kulturellen Leistung dieses Konventes zusammen.
Man versuchte früh, Annalen anzulegen, es gibt die althochdeutschen
.,Murbacher Hymnen", wobei es ähnlich wie bei den Bibelglossaren
infolge der Zusammenarbeit mit der Reichenau schwierig ist, den
schöpferischen Anteil gerecht zu verteilen. Das meiste der Handschriften
ist verloren, vorhanden ist aber der Bibliothekskatalog des 9. Jh. und ein
„Comes", Zusammenstellung der Lesungen für das Kirchenjahr dieser
bestimmten Abtei. Die Schule Murbachs hatte sehr guten Ruf. Karl der
Große schickte seinen besten Mann, Alkuin, nach Murbach und erhielt
von ihm ausgezeichneten Bericht.
Alles Geschriebene und Gelehrte übertrifft der Rest der Abteikirche, ihr
Ostchor, ein herrliches Werk des 12. Jahrhunderts214.
Das Entstehen des pirminischen Klosters Gengenbach war mehr eine
geistliche und ordensmäßige Formung als eine Gründung213. Was eine
208 Burg, Duche 71. Prinz 212.
209 Burg, Duche 72.
210 Büttner, Elsaß 78-85 und 95-98.
211 Prinz 212f. mit Anm.
212 Burg, Duche 59. Besonders: Prinz 235/36 (die Etichonen als Förderer Pirmins).
213 Vgl. Murbach oben S. 24 u. Anm. 109. Franz Prinz zu Sayn-Wittgenstein, Fahrten ins Elsaß. München 1971, 73/74.
Büttner, Elsaß 128: 792-794 Karl Laienabt, ab 794 wieder Benediktiner als Äbte.
214 Rudolf Kautzsch, Der romanische Kirchenbau im Elsaß. Freiburg 1944. (= Kautzsch) 167-182.
215 Pirmin und Ruthard d. Ä. arbeiteten Hand in Hand. In seinem Buch über Sankt Otmar schreibt Duft: ,.So war Graf
Ruthard Gründer des Klosters Schwarzach und Erneuerer jenes zu Gengenbach" (S. 75). Prinz 221 - nach Jänichen -
nimmt für Gengenbach Ruthard d. Ä., für Arnulfsau-Schwarzach den jüngeren an; vgl. auch 222.
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