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zeitlicher Zusammenhang, der noch durch einen sachlichen verstärkt
wird: An die feierliche Unterzeichnung der Urkunde Pippins für Prüm
vom August 762 durch das Königshaus und die ihm verbundenen
geistlichen und weltlichen Großen erinnert in der Urkunde für Etten-
heimmünster der Passus, die Erneuerung des Klosters sei cum consilio ...
regis Pippini et consensu ommnium amicorum principumque eius erfolgt.
Unter die amici des Königs ist der Graf Ruthard zu rechnen, dessen
Unterschrift sich nach der Bischof Eddos findet.
Die Überprüfung des übrigen Inhalts auf seinen Aussagewert bereitet
schon allein deshalb erhebliche Schwierigkeiten, weil wir es hier mit
Fakten zu tun haben, für die anderweitige Belege völlig oder doch
weitgehend fehlen. Das gilt sowohl für den Bericht über die erste
Gründung des Klosters durch Bischof Widegern von Straßburg, als auch
für den ursprünglichen Umfang des Ausstattungsgutes.
Greifen wir nun zunächst die Behauptung auf, die renovatio, die
Neuausfertigung der Urkunde durch Abt Konrad d. J. von Ettenheim-
münster im Jahre 1121 sei in der Absicht einer Verfälschung oder
Erweiterung des Rechtsinhaltes geschehen, dann stellt sich sogleich die
Frage nach dem Sinn und Zweck sowie dem Anlaß eines derartigen
Vorgehens.
Um sie zu beantworten, müssen wir uns die geschichtlichen Ereignisse
zur Entstehungszeit der renovatio vergegenwärtigen. Wir wissen aus der
Landelinsvita, daß Ettenheimmünster durch den Straßburger Bischof
Otto von Hohenstaufen (1082/84-1100), aber auch durch dessen Nachfolger
Kuno von Michelbach (1100-1123) großen Schaden erlitt, indem es
Teile seines Besitzes einbüßte. Zwar erwirkten 1111 allem Anschein nach
die Mönche von Ettenheimmünster aufgrund ihrer Klage von Kaiser
Heinrich V. die Anordnung, ne cuiquam liceat bona monachorum et
canonicorum habere aut in posterum usurpare,22 doch scheidet noch
keineswegs die Möglichkeit einer Fälschung in der Absicht aus,
begründete Besitzansprüche zu wahren. Liegt aber eine Fälschung vor,
dürfte nach dem Gesagten auch klar sein, daß sie einzig und allein zu dem
genannten Zweck erfolgte.
Damit wird aber zuerst der Behauptung weitgehend der Boden entzogen,
der Bericht über die erste Gründung des Klosters durch Widegern in der
marcha Etinheim an dem Ort Monachorum Cella gehöre zu den
gefälschten Teilen. Die Rückverlegung der Entstehungszeiten von
Ettenheimmünster um nur wenige Jahre hätte bei der Durchsetzung von
Rechtsansprüchen nur geringen Nutzen gehabt, und um eine lange
Tradition nachzuweisen, konnte man sich der Landelinsvita bedienen.
22 RBS I, S. 302 Nr. 390.
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