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ließ Lasollaye sofort in das Archiv bringen und dieses versiegeln. Den
seitherigen Stiftskellerer Klemens Bauer ernannte er zum Verwalter und
verpflichtete ihn auf sein Amt122. Unter den Kanonikern brach über diese
Entscheidung des Markgrafen eine ungeheure Verwirrung aus, aber es
gab keinen Widerstand dagegen, so daß Lasollaye nach Karlsruhe melden
konnte: „Alles ist in bester Ordnung vorgegangen".123
In der Folgezeit nahmen die staatlichen Beamten den Besitz der Kanonie
auf, ließen die Vorräte in den Klosterscheuern draußen abtransportieren
und versuchten, die Klosterpfarrer auf den nunmehrigen Kurfürsten als
Patronatsherrn zu verpflichten. Danach begann die Auflösung. Die als
Pfarrer eingesetzten Chorherren behielten ihre Pfarreien. Die im Kloster
durften noch bis zum Ende des Schuljahres bleiben (September 1803). Am
1. Oktober 1803 siedelten jene Patres, die nicht in der Seelsorge
verwendet werden konnten, in das Rektoratshaus nach Lautenbach über.
Die Lehrer am Gymnasium wurden dem Pädagogium in Mahlberg zugewiesen
. Kein Kanoniker durfte bleiben. Die Seelsorge für Allerheiligen
wurde 2 Kapuzinern aus Oberkirch übertragen, die Klosterkirche als
Pfarrkirche bestimmt. Als Pension setzte die staatliche Behörde für den
Abt 3000 fl fest, für die über sechzigjährigen Stiftsherren 500 fl und
für die darunter 450 fl. Wenn schon die seitherige Behandlung der
Ordensbrüder wenig erfreulich war, so war die Auflösung des Klosterbesitzes
schandbar.
Besondere Werte und Kunstschätze gab es in Allerheiligen allerdings
nicht. Das Silbergeschirr sowie die wertvolleren Gemälde wurde der
Hofökonomie in Karlsruhe übergeben, die Monstranzen und Kelche der
Wallfahrtskirche in Lautenbach sowie der Kath. Kirchenkommission in
Bruchsal zugeteilt. Das Archiv kam nach Karlsruhe, die Klosterbibliothek
z. T. an die Hofbibliothek nach Karlsruhe, z. T. an die Universitätsbibliothek
von Heidelberg. Auch die Patres durften aus einem Restbestand
Bücher für sich mitnehmen. Am 4. 3. 1805 wurde der Haushalt
versteigert. Dies geschah auch mit den Meier- und Rebhöfen. Außerdem
forderte der Staat die ausgeliehenen Gelder samt den Zinsen, auch jene
die noch in der Klosterzeit fällig gewesen waren, zurück. Der letzte Abt
erwarb durch Kauf die Abtsinsignien (Ringe, Brustkreuze und Stab).
Schwierig war die Frage, was mit der Klosterkirche und den Klostergebäuden
geschehen solle. Da schlug am 6. Juni 1804, dem Tag des
hl. Norbert, des Stifters des Prämonstratenserordens, während eines
Gewitters gegen l\i10 Uhr nachts der Blitz in die Turmspitze der
Klosterkirche ein. Das mit Schindeln gedeckte Dach fing Feuer und
brannte ab, ebenso das Dach und das obere Stockwerk des anschließen-
122 GLA 84/103 Akten Allerheiligen 29. 11. 1802.
123 GLA 84/103 Schreiben vom 29. 11. 1802.
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