http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1978/0618
Aufnahme von Schwestern während der Ferien sowie ein Wirtschaftshaus
mit Waschküche, Bäckerei und Stallungen gebaut. Diese vielen
Baumaßnahmen innerhalb eines einzigen Jahrzehnts haben das äußere
Bild der „Anstalt", wie es auf alten Stichen noch betrachtet werden kann,
völlig verändert und bis heute geprägt.
Bautätigkeit und die ständige Ausweitung des Werkes in neue Arbeitsgebiete
hinein machten eine Verstärkung und bessere Organisation der
Verwaltung und auch einen „Mann im Hause" notwendig.
Die Pfarrer von Nonnenweier, von 1907 bis 1911 war es der spätere Leiter
der Korker Anstalten, Wilhelm Ziegler, und danach bis 1925 der spätere
Kirchenrat Alfred Barner, konnten bei aller Tatkraft dem Werk nicht die
nötige Aufmerksamkeit schenken. 1923 trat der seit 1920 als Vikar bei
Pfarrer Barner tätige Friedrich Bastian in den Dienst des Mutterhauses,
ab 1925 als erster „Vorsteher". 1928 folgte ihm Pfarrer Julius Bender, der
das Werk leitete, bis er nach dem zweiten Weltkrieg zum Landesbischof
berufen wurde. 1936 wurde es sogar nötig, eine zweite Pfarrstelle im
Mutterhaus zu schaffen, in die Gerhard Hager berufen wurde, der bis 1959
im Mutterhaus blieb.
Die Zeit des Nationalsozialismus brachte neue Probleme mit sich. Nach
der „Gleichschaltung" aller möglichen politischen, kulturellen, pädagogischen
und sozialen Institutionen ging man Anfang der vierziger
Jahre auch daran, die Kindergärten „zu übernehmen". In aller Eile
wurden von der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) mehr oder
weniger dafür geeignete und ausgebildete Mädchen und Frauen rekrutiert
, und die Nonnenweierer Schwestern mußten oft innerhalb weniger
Tage ihre Arbeit aufgeben. Natürlich versuchte man immer wieder,
bewährte und beliebte Schwestern zum Übertritt in die NSV zu bewegen,
damit sie ihre Arbeit im neuen Geist fortführen könnten. Aber von den
vielen hundert damals tätigen Kinderschwestern waren es insgesamt nur
drei, die solcher Verlockung nachgaben. Pfarrer Bender und Schwester
Ida Höflin hatten früher und deutlicher als andere erkannt, daß zwischen
dem Geist des Evangeliums und dem der nationalsozialistischen Bewegung
keine Kompromisse möglich waren, und leiteten die Schwestern zur
Wachsamkeit, zum mutigen Bekenntnis des biblischen Glaubens und zur
Treue gegenüber ihrer Kirche an. In vielen Gemeinden konnten die
Schwestern trotz der Vertreibung aus der Kindergartenarbeit ihre
Wohnung im Kindergartengebäude behalten oder sonstwie am Ort
bleiben. Sie waren dann als Gemeindehelferinnen im seelsorgerlichen
Besuchsdienst, im Kindergottesdienst und in Kinderbibelstunden, auch
im Religionsunterricht der unteren Schulklassen, in Mädchen- und
Frauenkreisen und auf manch andere Weise tätig und gerade da, wo der
Gemeindepfarrer während des Krieges eingezogen war, oft genug
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