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ner Kollegen haben bis ins 19. Jahrhundert hinein immer wieder die Geschichtsforschung
als wichtigen Teil der Rechtslehre betrachtet. Unter denen
die europäischen Ruf erlangten seien Johann Georg Kulpis und Johann Georg
Scherz genannt. Der noch deutschrechtlicher eingestellte direkte Vorgänger
Schilters Johann Georg Kulpis (1652—1698), späterer Rat des Herzogs von
Württemberg, veröffentlichte u.a. den von Bischof Erkanbald im X. Jahrhundert
aufgestellten Katalog der Bischöfe von Straßburg. Er hat die Wichtigkeit
des Studiums der Historie besonders für die Juristen stark unterstrichen5.
Ein Nachfolger Schilters, Johann Georg Scherz (1678—1754) erweiterte dessen
„Thesaurus Antiquitatum teutonicarum ecclasiasticarum civilium littera-
rium" zu einem Wörterbuch der althochdeutschen und mittelhochdeutschen
Sprache, dem „Glossarium Germanicum medii aevi"6.
Am Rande unseres Themas sei noch erwähnt, daß der geschichtszugewandte
Unterricht im XVIII. Jahrhundert nicht nur der Entwicklung der deutschen
Historie förderlich war: in Straßburg entstand 1751 das erste Compendium
der französischen Privatrechtsgeschichte.7
Ebenfalls auch nur am Rande sei hier eines Rechtsgeschichtlers mit Namen
Johann Wolf gang Goethe (1749—1832) gedacht. Dieser Straßburger Jurastudent
hatte über das Recht des Landesherren, die Religion seiner Untertanen
zu bestimmen, eine politisch so brisante historisch-juristische Doktordissertation
geschrieben, daß sie trotz aller Liberalität der Fakultät abgelehnt werden
mußte. Goethe begnügte sich deshalb mit dem Lizentiatentitel, für den bloße
„Positiones Jurae", also keine Dissertation, genügten. Ein Jahr später, 1772
berichtet der Professor Elias Stoeber, diese Dissertation „dürfte wohl bei keiner
guten Polizei zum Druck erlaubt oder gelassen werden". Hätten die Professoren
diese Dissertation angenommen, wären sie selber abgesetzt worden,
und dieser Herr Goethe muß „wie man fast durchgängig von ihm glaubt, in
seinem Obergebäude einen Sparren zuviel oder zu wenig haben". Zur Regionalgeschichte
gehört die Episode der verworfenen Goethe-Dissertation, insofern
als seine Arbeit wohl Teil eines großangelegten Planes war, in dem die Historie
die praktische Politik beeinflussen sollte, ein Unternehmen, dem auch
seine Freunde Saltzmann, von Türckheim und Wagner dienbar waren — eine
Angelegenheit, die jedoch noch zu erforschen ist und zum Problemkreis des
Wirkens geheimer politischer Gesellschaften, u.a. derjenigen der „Illumina-
ten" in Straßburg gehört8. Mit der Erwähnung des Illuminatenproblems ist
5 ALLGEMEINE DEUTSCHE BIOGRAPHIE, Bd. 17, S. 364. Den Bischofskatalog veröffentlichte Kulpis
in den Rerum Germanicarum Scriptores, 1685, S. 120.
6 Der „Thesaurus. . ." von Schilter wurde 1727 in Ulm herausgegeben; er enthält u. a. den „Krist" des Ot-
fried von Weissenburg — Das „Glossarium" von Scherz erschien posthum, 1781 —1784. Siehe SITZMANN
, Dictionnaire de biographie des hommes celebres, 1909—1910 und J. VOSS, a.a.O., S. 148.
7 Von Martin SILBERRAD, Historiae Juris Gallicani Epitome, 79 S., als Zusatz zur Ausgabe 1751 und 1765
der (lateinischen) Geschichte des römischen u. germ. Rechts von J. G. HEINECCIUS.
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