http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1981/0096
Im April begann in Villingen wieder die Frühjahrssitzung des Ordenskapitels,
auch P. Bartholomäus war dabei — als „Senior". Gaisser beschrieb das feierliche
Rahmenprogramm mit Gottesdiensten, Festessen, Konzerten. Auf verschneiten
Wegen kehrte Gaisser wieder zurück in sein „Klösterle". Schon am
26. April vermerkte er: „Richte meinen Garten her". Doch bald danach hatte
es noch einmal geschneit: „Die Schneemassen ragten im Walde bis zur Armhöhe
hinaus" (1. Mai 1627). Aber auch sie hielten die Besucher nicht ab. Im
Mai begrüßte Gaisser als außergewöhnlichen Gast den „hochadligen Octavius
Schad, einen hervorragend gelehrten, erfahrenen und weltgewandten Mann",
Syndikus des Klosters St. Blasien. Dieser schien sich sehr für Gaissers Bibliothek
zu interessieren, vertraute sich auch gerne seiner kundigen Führung auf
Wanderungen an, verließ aber Rippoldsau doch etwas früher als geplant,
„weil ihm der sauerbronnen nit zuoschlagen wollen". Großen Ärger hatte
Gaisser offensichtlich durch übelwollendes Geschwätz, das der Badwirt von
Griesbach/Renchtal interessiert verbreitete: „ . . . bringt mich gantz aus meinem
Wesen".
Im Auftrag seines Abtes reiste Gaisser im August ins Kloster St. Marx ins Elsaß
, um dort die Verwaltung zu ordnen. Auf dem Heimweg („bei Gebersweiler
gerate ich in eine Horde von ungefähr 80 Zigeunern, komme ungeschädigt
hindurch") übernachtete er im „Ochsen" in Breisach; in Wasenweiler und
Bötzingen nahm er einen „Imbiß zu Pferde" und verbrachte dann noch eine
Nacht in Hecklingen, wo er sich wieder um Klosterinteressen und Klosterwein
zu kümmern hatte. Am 5. November erreichte Gaisser in Rippoldsau die
schlimme Botschaft: „Unglücksnachricht vom Hinscheiden des früheren
Hochwürdigsten, unseres Abtes Melchior (Haug), der am dritten Tage dieses
November verstorben ist, weshalb ich durch ein Schreiben des Konvents nach
Villingen berufen werde". Gaisser eilte nach Villingen, zeigte sich zutiefst betroffen
, notierte als Fazit des Konvents: „Ich Unglücklicher wurde zum Abte
des Klosters St. Georgen gewählt, wobei Ort, Zeit und alle Umstände nur das
schlimmste Unheil ahnen ließen, das auch eingetroffen ist und noch immer
eintrifft".
Die für Gaisser insgesamt sicher schöne Zeit in Rippoldsau war damit vorbei,
aber er blieb bis zum Lebensende ein regelmäßiger Gast. Am 11. Dezember
1627 packte er im „Klösterle" seine Habseligkeiten, am 13. 12. verließ er morgens
Rippoldsau zu Pferd Richtung Villingen, fand dort auch bereits die Bestätigung
seiner Wahl durch den Konstanzer Bischof und unterzog sich bei P.
Jakobus einer „Verbesserung der Tonsur".
Abt von St. Georgen-Villingen
Vieles gab es nun für den jungen Abt zu ordnen, zu planen, zu entscheiden.
Auf keinen Fall aber sollte Rippoldsau verwaist bleiben, P. Jakob Stark sollte
dort Prior werden.
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