http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1981/0126
Die Stadt zahlte auch „den armen vorstadtleuthen9 an Allmosen". Ein Ausgabeposten
gibt den ersten amtlichen Hinweis auf das Vorhandensein einer Wasserleitung
: dem Salzverpachter Moyses Levi wurden „für ein Sester Salz so in
die Brunnstube geschüttet worden" zwei Gulden bezahlt. Es muß also damals
schon eine Brunnenstube, wie man heute sagt, ein Hochbehälter, vorhanden
gewesen sein. Die Salzbeigabe hatte, da unser Wasser sehr kalkhaltig ist, den
Zweck, das Ausfällen des Kalks zu verhindern. Wo dieser Hochbehälter stand
ist nicht bekannt. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß das Wasser der Marbachquelle
gefaßt und in Deichein, durchbohrten Holzstämmen, zu den Brunnen
in unserer Stadt geleitet wurde. Im Marbach liegen noch heute neben den
gußeisernen Wasserleitungsrohren solche alten Deichein; in Ettenheimweiler
hat man solche beim Straßenbau gefunden. Zu welchem Zeitpunkt die erste
Wasserleitung verlegt wurde, ist unbekannt. Den ersten Anhaltspunkt für das
Bestehen einer Wasserleitung finden wir in der Jahreszahl 1671, die im Wappenschild
des „Bären"-Brunnens eingemeißelt ist, dessen ursprünglicher
Standort noch nicht genau ermittelt werden konnte. Bis zum Neubau der Wasserleitung
von 1890 an stand er auf dem Marktplatz, wo vor einigen Jahren
eine Nachbildung des alten Brunnens errichtet wurde. Im Jahre 1736 wurde
der „untere Brunnen", der Nepomuk-Brunnen, errichtet. Es sind dies wohl
die zwei Brunnen, die 1737 in einer Beschreibung der „bürgerlichen Häuser"
erwähnt werden. Im Jahre 1776 spricht Joan Conrad Machleid bereits von
vier Brunnen: „1776. In dießem jähr ist ein so große Kelte von Weihnachten
biß Lichtmeß geweßen, daß alle 4 laufenten brunen alhier von Eiß und Kelte
versprungen wie auch der sanct landelinß brunen nit mehr geloffen
Der erwähnte Ausgabenvermerk gibt auch Aufschluß über die in unserem Gebiet
übliche Form der Besteuerung des Salzverbrauchs.10 Salz ist in der
menschlichen Nahrung unentbehrlich, der fiskalische Erfolg der Besteuerung
des Salzverbrauchs und des — einträglichen — Salzhandels daher stets gesichert
. Im Mittelalter werden Salzzölle erhoben und Salzakzisen, insbesondere
in Form des Salzungeldes (neben den Salzmonopolen der Fürsten). Die Erhebung
der Salzakzise erfolgte durch die Salzpächter, die, oft habgierig, dieses
9 Vorstattleuthe: wer außerhalb der Stadtmauern wohnte, also vor der Stadt, lebte in der Vorstadt. Es ist dies,
den Älteren noch vertraut, das Wohngebiet nördlich des Unteren Tors bis zum Ettenbach. Es ist anzunehmen
, daß sich dort ursprünglich Ortsfremde ansiedelten und Ansässige, die innerhalb der Stadtmauern kein
Gebäude — mehr — erwerben konnten. Die in der Vorstadt vorhandenen Bürgerhäuser stammen meist aus
den ersten beiden Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts.
10 Salzsteuer: bereits die Römer sicherten sich mit dem Salzregal das Recht des Staates, Salzvorkommen auszubeuten
. Ähnlich die mittelalterlichen Fürsten in den sog. „Salinenländern". In den anderen, den sog.,,Salzsteuerländern
'*, wurde der Salzverbrauch besteuert. Dies erfolgte durch Salzzölle oder durch die Salzakzise,
insbes. das Salz-Ungeld (vereinzelt schon unter den Merowingern im 6. und 7. Jh. und später allgemein erhoben
). Oft wurde das Steuerrecht, so in Frankreich, gegen Zahlung einer Globalsumme an Steuerpächter
verpachtet. In Preußen mußte das Salz später von landesherrlichen Niederlagen bezogen werden (Salzkonskription
). Die Steuer, oft willkürlich hoch festgesetzt, mußte vom Salzhändler in den Preis einberechnet
werden. Auch der Detailhandel von Salz war reglementiert.
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