http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1981/0128
„Occupatorische MaasRegeln"
Das Schreiben von Markgraf Karl Friedrich an Kardinal Rohan
vom 14. 9. 1802
Hubert Kewitz
Die Markgrafschaft Baden hatte 1796 beim Sonderfrieden mit Frankreich
linksrheinische Territorien und 64 626 Seelen verloren. Daß Baden durch den
Frieden von Luneville 1801 und den Reichsdeputationshauptschluß 1803 einen
überreichen Ausgleich und 253 396 neue Untertanen gewann, verdankte es seinem
Unterhändler beim „Länderschacher" in Paris, Sigmund Freiherr von
Reitzenstein und den Summen (450 000 Francs), die er dort in die richtigen Taschen
fließen ließ, weniger den Initiativen und Direktiven aus Karlsruhe:
„Dort schläft man nur gut, wenn man auf morgen verschoben hat, was man
heute hätte beenden sollen" (Reitzenstein).1
In einer Mediationskonvention waren Frankreich und Rußland am 4. 6. 1802
in Paris einig darüber geworden, wie die deutschen Fürsten zu entschädigen
seien. Vor dem „Hauptschluß" der Reichsdeputation in Regensburg (25. 2.
1803) verstrichen aber noch einige Monate des Übergangs, in denen der Rechtstitel
auf die in Aussicht gestellten Besitzungen noch nicht festgestellt war, es
aber geboten schien, schon zuzugreifen, — unter Wahrung gewisser Formen
des Anstands.
Bonaparte drängte auf provisorische Besitznahme in einem Schreiben, das
sein Brigadegeneral Lauriston am 3. 9. 1802 dem Markgrafen Karl Friedrich
auf Schloß Favorite übergab.2 Gleichzeitig hatte sich der badische Geheimrat
Brauer in einer Denkschrift über eine glimpfliche äußere Form geäußert. Er
schlug vor, „zu Vermeidung des Gehässigen eines Staatsbesitzes . . . einen medium
terminum" zu wählen und einen „Civilcommissär nur mit weniger Bedeckung
bloß an den Hauptorten jenes Bezirks aufzustellen, der aber dann alle
zugehörigen Orte von Zeit zu Zeit bestreifen ließe". Auf der Sitzung des Geheimen
Raths vom 6. September trug man Bonapartes Schreiben vor und entschied
sich der Markgraf für eine nach Brauers Propositionen vorzunehmende
Aktion. Am 14. September wurden Schreiben in diesem Sinne ausgefertigt an
1 K. Stiefel, Baden 1648 — 1952. Karlsruhe 1977. Bd. I, S. 169.
2 Das Folgende nach dem 4. Band der von K. Obser bearbeiteten „Politischen Correspondenz Karl Friedrichs
von Baden", Heidelberg 18%, S. 232 f.
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