http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1981/0139
Regierung zu tun — das Gegebene war sie auf die Dauer aber nicht, insbesondere
nicht nach dem Übergang der Landvogtei Ortenau an das Kurhaus Baden
infolge des Preßburger Friedens vom 26. Dezember 1805. Nach der Bildung
des Rheinischen Bundes im Sommer 1806 stand die Existenz der Dalbergschen
Stellvertreter geradezu in offenem Widerspruch zur Kirchenpolitik der Karlsruher
Regierung, die nun mit Vehemenz nach einer Vereinheitlichung strebte.
Zerfiel doch das junge Großherzogtum in nicht weniger als sechs bischöfliche
Jurisdiktionsbezirke. Der größte war der Konstanzer Bistumsanteil. Es folgten
der Straßburger, Speyrer, Wormser, Würzburger und Mainzer — letzterer
gehörte seit kurzem zur Erzdiözese Regensburg.
Schon im Rahmen der Säkularisationsverhandlungen in Regensburg im Jahr
1802 hatte Baden den Versuch unternommen, gemäß den Grundsätzen der
modernen, josephinisch geprägten Staatskirchenpolitik einen oder wenigstens
zwei Landesbischöfe zu erhalten, deren Sprengelgrenzen mit den Landesgrenzen
zusammenfielen. Der starke Zuwachs an katholischen Untertanen bedeutete
für den bewußt protestantischen Markgrafen Karl Friedrich ein staats-
und kirchenpolitisches Problem ersten Ranges, dem er auf diese Weise beizukommen
hoffte. So wie der Territorialismus der erblichen Reichsstände, der
sich nach dem II. Koalitionskrieg in so verhängnisvoller Weise gegen das
Reich richtete, auch der überkommenen Kirchenverfassung im allgemeinen
den Kampf ansagte, so sah nun die badische Landesherrschaft, durch die Religionsstreitigkeiten
seit der Vereinigung der evangelischen und katholischen
Lande baden-durlachischer und baden-badischer Herkunft gut vorbereitet,
die Möglichkeit gekommen, im Rahmen der großen Säkularisation für das
neue Kurfürstentum ein territorialistisches Kirchenprogramm durchzusetzen
und die Einflußnahme auswärtiger Bischöfe einzuschränken oder gar völlig
abzustellen. Mithin am nachhaltigsten vertrat Baden die Forderung nach einem
Landesbistum14, kam aber in der Sache selbst nicht weiter.
Die Ursachen hierfür waren einesteils in der großen, andernteils in der regionalen
Politik zu suchen: Die Errichtung eines Landesbistums scheiterte zunächst
überhaupt am Widerwillen der römischen Kurie, dann an den Auseinandersetzungen
um eine geeignete Persönlichkeit für den Bischofsstuhl und
um die Fragen, in welchem Verhältnis ein zukünftiger Landesbischof zum Metropoliten
stehen sollte, ob das Landesbistum im Rahmen eines Reichs- oder
eines Landeskonkordats zu errichten sei, wo die Domkirche zu etablieren und
wie sie zu dotieren sei usw. Auch zu Zeiten des Rheinbunds war den badischen
Konkordats- und Bistumsplänen kein Erfolg beschieden, wofür nicht nur der
französische Kaiser und Protektor des Bundes verantwortlich war, sondern
auch die permanente antikatholische Haltung der Zentralregierung in Karlsruhe
, die sich unter dem Deckmantel einer oft bemühten „Toleranz" verbarg.
14 Vgl. M. Miller, Um ein kurbadisches Landesbistum (1802—1806), in: FDA 64/1936, S. 54 ff.
137
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1981/0139