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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 167
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1817 das links vom Tor gelegene, an das Münster angebaute eigentliche Abteigebäude
(Nr. A auf beiliegendem Plan), außerdem einige Nebengebäude
(Schmiede, Brennhaus und Beschließerei), einen Teil des Gartens und ein
Stück Feld auf zehn Jahre zu dem jährlichen, nicht zu hohen Zins von 320 fl.
Die Inneneinrichtung, die nach Auflösung der Forstmeisterei teilweise durch
Diebe entfernt worden war, hatte sie auf eigene Rechnung zu ergänzen. Umgehend
erfolgte auch die Konzessionierung der Spinnerei und Türkischgarnfärberei
durch das Finanzministerium. Nach ihren eigenen Worten stellte Christiane
Kylius in Schuttern fünf Spinnmaschinen von englischer Art, Jennymu-
les genannt, jede mit 204 Spindeln, und eine Vorspinnmaschine mit 64 Spindeln
auf, dazu die erforderlichen Zusatzgeräte wie Kart-, Haspel- und Zwirnmaschinen
. In der Spinnerei und der an der Schutter gelegenen Färberei und
Bleiche gedachte sie an die hundert Personen, vorrangig Kinder zwischen sieben
und vierzehn Jahren und alte Leute, zu beschäftigen, was die Obrigkeit
natürlich nicht ungern sah.

Kylius machte sich sofort mit Frau und acht Kindern im ehemaligen Stift ansässig
und nahm die notwendigen Umbauarbeiten in Angriff. Zwecks Materialbeschaffung
ließ er mit landesherrlicher Genehmigung mehrere kleinere
Nebengebäude abreißen, womit der erste bedeutende Eingriff in die Bausubstanz
der Klosteranlage getan war. Das Unternehmen scheint anfangs ganz gut
gelaufen zu sein. Im Frühjahr 1819 fanden rund 80 Personen Arbeit und Verdienst
, meistenteils Kinder und gebrechliche ältere Leute aus Schuttern und
der Umgebung, die nach Feststellung des Bezirksamtes Lahr dadurch „dem
Bettel und dem Müßiggang entzogen" waren. Mit der Erweiterung des Betriebs
im Sommer selben Jahres und der Aufnahme des Lahrer Handelsmannes
Ch. Schneider als Compagnon trat Kylius offensichtlich in eine Expansionsphase
ein. Im Juni 1820 arbeiteten in seiner Spinnerei, Färberei und an
den 12 Stühlen seiner neuerrichteten Weberei über hundert Personen meist
weiblichen Geschlechts. Der größte Teil der Produktion ging in den Export.
Nun etwas übermütig geworden, trat er an das Ärar mit dem Begehren heran,
die gesamte Abtei käuflich zu erwerben, und bot 60 000 fl., zahlbar in zehn
unverzinslichen Jahresterminen. Die Behörden trauten jedoch seiner Solvenz
nicht, und das völlig zu recht. Denn Kylius war weder willens noch in der Lage
, einen Kapitalnachweis zu erbringen. Als er die Karten auf den Tisch legen
sollte, begann er, die Verhandlungen mit der stark interessierten Hofdomänenkammer
in Karlsruhe zu verschleppen. Da er ab 1821 die Pacht nicht mehr
zahlte und es auf eine Pfändung ankommen ließ, darf angenommen werden,
daß sein Angebot nichts anderes als ein Akt von Hochstapelei bzw. ein Manöver
gewesen war, um von seinen finanziellen Schwierigkeiten abzulenken.

Auch Ungelegenheiten anderer Art stellten sich ein. Nach anfänglich gutem
Einvernehmen entwickelte sich zwischen dem Fabrikanten und dem Domänenverwalter
Schmidt eine tiefe Feindschaft, da letzterer sich in der Gebäude-
und Gartennutzung empfindlich eingeschränkt sah und Kylius zu schikanieren

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