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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 169
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versuchte, wo er nur konnte. Dieser hingegen begann zu seinem Unglück, mit
der Staatsverwaltung wegen Nichteinhaltung des Pachtvertrags zu prozessieren
. Seiner Meinung nach wurden ihm verschiedene Räume im Kloster vorenthalten
. Er ging durch mehrere Instanzen und verlor. Schließlich fiel er seinen
evangelischen Glaubensgenossen dadurch unangenehm auf, daß er mit seiner
Familie eifrig am katholischen Gottesdienst in der Schütterer Pfarrkirche teilnahm
, im Kloster nächtens größere Versammlungen abhielt, deren Höhepunkt
eine spiritistische Sitzung war — was vom Bezirksamt umgehend verboten
wurde — und eine Somnambule bei sich aufnahm, die nach Meinung der
Obrigkeit gefährliche Schwärmereien in Schuttern auslöste und deshalb zu
entfernen war.

Seine Streitereien mit den großherzoglichen Behörden machten ihn äußerst
verhaßt und brachten ihn bald in den Ruf eines „ränkesüchtigen" Prozeßhansels
. Kulanz und Unterstützung konnte er von diesen nicht mehr erwarten,
während sein Geschäft von Monat zu Monat stärker zurückging. Im Frühjahr
1822 berichtete der Verwalter Schmidt seinen Vorgesetzten, daß die Spinnerei
schon seit längerem eingestellt sei: „Das ganze so imposante Fabrikgeschäft
hat sich auf eine Barchetweberei mit 10 Stühlen reduzirt." Ein gutes Jahr später
, im Sommer 1823, war Kylius am Ende. Er wurde für zahlungsunfähig erklärt
und mußte Schuttern im Oktober verlassen. Seine Mietschulden von
über 1 000 fl. wurden bei den Bürgen eingetrieben. Daß er scheiterte, lag sicher
einerseits an einem zu geringen Eigenkapital, andererseits an seinem
Größenwahn und der Unfähigkeit, sich rechtzeitig auf die ungünstigen wirtschaftlichen
Verhältnisse einzustellen. Kylius verkörperte damit einen Unternehmertypus
, der uns zu jener Zeit des öfteren begegnet. Allen berechtigten
Vorhaltungen zum Trotz kann man ihn gleichwohl den Pionieren des Maschinenzeitalters
im Kleinen zurechnen.

Die Zerstörung der Gebäude26

Nach dem Zusammenbruch der Textilmanufaktur war das Schicksal der verdorbenen
und verlotterten Stiftsgebäude besiegelt. Eine neue Zweckbestimmung
hatte man für sie nicht und es wurde auch keine mehr gefunden. Die
Verlegung des Irrenhauses von Pforzheim nach Schuttern 1825 ließ sich ebenso
wenig verwirklichen wie der Verkauf an verschiedene Interessenten aus
Lahr und Straßburg, die so plötzlich verschwanden wie sie aufgetaucht waren.
Auch Versuche, Gebäudeteile an armes Landvolk als Wohnungen zu vermieten
, verliefen wenig befriedigend. So endete die stattliche Anlage, wenig mehr
als 150 Jahre alt, wie manch anderes deutsche Kloster um jene Zeit und manche
Ritterburg in den Jahrhunderten zuvor: als Steinbruch der Bewohner der
Umgebung.

26 Das folgende nach Aktenstücken GLA 237/8 976, 391/35 371, 35 397—98, 35 403, 35 418, 404/460—62 u.
485.

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