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hierfür in den Vorbereitungen für den Westfeldzug zu suchen sei, zumal bereits
im Oktober und November Sanitätseinheiten53 einquartiert waren. Am
5./6. 12. weilten Regierungsdirektor Sprauer, der Leiter des Gesundheitswesen
im Badischen Innenministerium sowie Obermedizinalrat Schmeicher in
der Illenau zur Vornahme der jährlichen Dienstprüfung.54 Wahrscheinlich haben
sie bei dieser Gelegenheit Römer von dem Führerbefehl in Kenntnis gesetzt
, daß Geisteskranke beseitigt werden sollen. Römer scheint von Anfang
an nicht gewillt gewesen zu sein, an der Durchführung dieses Befehls mitzuwirken
. In der nächsten Zeit setzte er sich mit einigen Direktoren von Irrenanstalten55
in Verbindung wegen dieser Angelegenheit, doch konnte er keine einheitliche
Stellungnahme erreichen. Außerdem schlug er Sprauer vor, die Illenau
als Nervenklinik56 ähnlich denen von Heidelberg und Freiburg für den
mittelbadischen Raum zu bestimmen. Doch Sprauer lehnte diesen Vorschlag
als aussichtslos ab. Am 28. 1. trat Römer einen Krankheitsurlaub57 an.
Etwa 2 Monate nach Absendung des Meldebogens erhielten die Irren- und
Kreispflegeanstalten ein Schreiben des Badischen Innenministeriums, daß die
Verlegung von . . . Kranken am . . . durch die Gemeinnützige Krankentransport
mbH erfolge. Der Ort, wohin die Verlegung erfolgen solle, war nicht genannt
. Eine vom Reichsbeauftragten angefertigte Liste mit den Namen der
zum Abtransport bestimmten Insassen lag bei. Am 9. 2. ging der 1. Transport
nach Grafeneck ab und zwar von der Kreispflegeanstalt Hub.58 Transporte
der andern Anstalten folgten. Keine Mitteilung hatte die Illenau bekommen.
Da Römer abwesend war, schien es Sprauer nicht ratsam, dessen Stellvertreter
in die Sache einzuweihen.
Inzwischen war Römer von seinem Krankheitsurlaub zurückgekehrt. Da traf
in der Illenau ein vom 14. 5. datiertes Schreiben von Sprauer ein, das die Verlegung
von 50 Kranken der Anstalt anordnete. Römer machte nun den letzten
Versuch, den Abtransport zu verhindern, erreichte jedoch nur die Zusicherung
, daß arbeitsfähige und selbst zahlende Patienten von der Liste gestrichen
werden sollten.59
Am 18. 5.60 fuhren die grauen Wagen der Transportgesellschaft im Hof der Illenau
vor. Statt der gemeldeten 50 Patienten forderte jedoch der Transportführer
die Übergabe von 75, die auf seiner Liste standen. Römer konnte trotz
seines Protestes keine Änderung erreichen. Die Kranken (40 Männer und 35
Frauen) erhielten von den Pflegern und Pflegerinnen ihr Reisegepäck. Auf ih-
53 Chronik S. 147
54 ebd. S. 148
55 Rappenecker S. 98—99
56 ebd. S. 99
57 Chronik S. 148
58 Rappenecker S. 40
59 Rappenecker S. 100
60 ebd.; Chronik S. 148
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