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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 234
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den Drechsler-Seeholzer, den Stadtmüller oder den Säger-Streit in Auseinandersetzungen
, die aber meist gütlich beigelegt wurden. Noch kurz vor Kriegsende
im Mai 1918 ließ man der Belegschaft einen neuen Wasch-, Bade- und
Ankleideraum errichten. Bald nach Kriegsende kam ein großes Schwungrad
und eine neue Walzenstraße in den aufstrebenden Betrieb. Am 2. Juni 1924
tauchte der Name „Firma Netter und Jacobi, Maschinenfabrik und Eisengießerei
" auf. Im gleichen Jahr wurde auch die bisherige Zwillingsturbine durch
eine Zweikammerturbine Bauart Voith ersetzt.

Nicht lange nach dem ersten Weltkrieg klopfte ein junger Mann, Joseph Uhl, an das Zimmer des
Direktors Rosenthal im Herrenhaus, um nach Arbeit nachzusehen. Zuvor hatte er als „Kiehbue"
und Knecht im Langen- und Übelbach beim „Thesenbur" und auf dem „Allgaierhof" sein kärgliches
Brot verdient. Jetzt, um Martini, wollte er seinen Herrn wechseln. „Junge," entgegnete
ihm der Chef, „wenn die Vögel wieder pfeifen, dann haust du doch wieder ab . . ." Er stellte ihn
aber trotzdem ein, auch wenn er dachte, daß der Bauernknecht nur ein gutes Winterquartier suchte
. Doch der „Uhl-Sepp" hielt dem Werk über 45 Jahre die Treue.

Er erinnert sich noch, wie in einem Gasgenerator das Gas für die Glühöfen erzeugt
wurde (1921) und diese technische Errungenschaft in Konkurrenz zu den
schon bestehenden Koksöfen trat. Aus den Rückständen dieser Wärmeerzeuger
suchten die Kinder noch brennbare Koksstücke. Das schon erwähnte große
Schwungrad gehörte zu einer neu installierten Dampfmaschine, die zusätzlich
Kraft erzeugte oder den Ausfall der Wasserturbinen überbrückte. Doch
Wasser wurde allzeit viel gebraucht. Deshalb hatte der „Wassergott" Kaiser
immer alle Hände voll zu tun. Durch den Einbau eines Drahtgitters vor dem
Turbinenschacht wurden die Fische vor dem sicheren Tod in den Armen der
Technik bewahrt.

Das Walzwerk beschäftigte so rund 80 bis 100 Arbeiter und Bedienstete. Vor
allem die Fachkräfte, die Meister kamen aus dem Rheinland, aus Westfalen.
An einer Walzenstraße waren sechs Mann beschäftigt: der Meister, zwei
„Wärmer", zwei „Schnapper" und ein „Schraubenzieher". Meist wurde die
schwere Arbeit beim Blechwalzen im Akkord verrichtet, der bei einer guten
Zusammenarbeit der Mannschaft einen annehmbaren Lohn einbrachte. Es
wurde sogar noch eine „Walzenprämie" bezahlt, wenn die Produktion durch
die Achtsamkeit der Arbeit nicht durch einen Walzenbruch immer wieder aufgehalten
wurde. Drei Walzenstraßen ließen aus den glühenden Eisenrohlingen
, den „Platienen", die lange aus dem lothringischen Dieferdingen herbeigeschafft
wurden, die begehrten Blechtafeln entstehen. Verständlich, wenn
unter den drei „Straßenmannschaften" — sogar auch landsmannschaftlich —
ein Wettstreit über das beste Akkordergebnis entbrannte, wenn der einheimische
Meister Aberle von Kirnbach seine Leute gar noch anfeuerte: „Mir len is
vu de Preiße nit unterkriege. Mir kenne au ämol ä bar Bläch meh mache!" Die
Arbeit an der Walzstraße war sehr anstrengend, dies vor allem durch die große
Hitzeeinwirkung aus den Glühöfen und den glühenden Metallteilen, die an

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