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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 249
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Somit müssen wir davon ausgehen, daß ein Großteil der auf dem Industriesektor
beschäftigten Arbeiter und Angestellten durch die Lahrer Industriekrise
getroffen wird28. Daher tragen sie auch den Hauptanteil an der Erhöhung der
Armenzahlen.

Der Rückgang des Umfanges der finanziellen Unterstützung bei gleichzeitigem
Steigen bzw. Stagnation der Armenzahl führt zu einem nicht zu vernachlässigenden
Erwerbsfaktor von Bewohnern ländlicher Gebiete im stadtnahen
Raum: der Nebenerwerbslandwirtschaft. Den meisten „Industriegeschädigten
" war zwar aus verschiedenen Gründen eine Rückkehr in die Landwirtschaft
unmöglich, aber viele von ihnen hatten schon seit jeher neben ihrer Arbeit
Nebenerwerbslandwirtschaft getrieben29. Die Arbeitslosigkeit führte sie
jetzt zur verstärkten Nutzung des ihnen zur Verfügung stehenden Bodens. Der
Anbau von Grundnahrungsmitteln und intensivere Kleintierhaltung führten
zu einer Verringerung der Unterstützung von Seiten der Gemeinde. Daß sich
dies erst 2 Jahre nach dem Krisenbeginn manifestiert, erklärt sich aus der Verzögerung
der Ernteerträge. Auch der Nebenerwerbslandwirt litt unter schlechtem
Erntewetter und die intensive Bearbeitung von bisher nicht oder nur wenig
genutztem Land führte nicht zu sofortigen Ergebnissen. Erst als Ernährung
durch Eigenanbau und Tierhaltung gesichert war, konnte die Unterstützung
herabgesetzt werden.

Die auf Grund der Landwirtschafts- und Industriekrise erhöhten Unterstützungen
wirkten ganz sicher auch auf den örtlichen Handel. Allerdings konnte
dies nicht nachgewiesen werden. Lediglich für den ganzen Bezirk liegen durch
die Handelskammerberichte einige Angaben vor. Jene beklagten über die ganzen
Jahre 1893-1896 hinweg die schlechte Entwicklung und Absatzlage des
Handels, hervorgerufen durch die schwache Finanzlage der ländlichen Bevölkerung
. Wie groß allerdings die aus dem Handel kommende Gruppe der Unterstützten
war, läßt sich nicht feststellen.

In Umrißen ließe sich die Armengruppe folgendermaßen beschreiben: ein
Hauptkontingent der aus der Industrie kommenden Arbeiter und Angestellten
, verstärkt durch die in geringerem Maße aus der Landwirtschaft kommenden
Unterstützungsbedürftigen. Hinzu treten die durch die Kaufschwäche der
beiden vorgenannten Gruppe ruinierten Kleinhändler, über einige Einzelfälle
jedoch nicht hinausgehend.

Die Zusammensetzung der Unterstütztengruppe erlaubt nun Rückschlüsse auf
die Erwerbsstruktur des Dorfes überhaupt. Waren in der vorhergehenden Krise
die Armen aus dem Kreise der Landwirtschaft gekommen und hatte das
Dorf noch eine relativ große in der Landwirtschaft beschäftigte Bevölkerungsgruppe
, so war der Charakter des Dorfes inzwischen einem Wandlungsprozeß

28 65 °Io der Erwerbsfähigen etwa sind in der Industrie als Arbeiter und Angestellte. Gesicherte Zahlen liegen
erst für 1903 vor.

29 etwa 25 % der Erwerbstätigen

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