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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 253
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Stoesser-Fischer an die Süddeutsche Diskonto-Gesellschaft sprach eher für eine
günstige Konjunktur, da diese Mannheimer Großbank in einer regionalen
Depressionsphase mit ungewissem Ausgang einen solchen Schritt nicht gewagt
hätte. Andererseits hielten Absatz- und Beschäftigungsrückgang in der
Tabak- und Zichorienindustrie an42, ohne jedoch große soziale Auswirkungen
zu zeitigen. Vielleicht ließen sich jene Jahre auch als neue kleine Gründungsphase
charakterisieren, deren Euphorie eine beachtliche Zahl von Existenzgründungen
in jenen Jahren bewirkt hatte, zumindest war die ansässige Industrie
im Ganzen gesehen gesund und der örtliche Mittelstand solide43.

Der wirtschaftliche Aufschwung rief die Arbeiterschaft auf den Plan, welche
von der günstigen Lage ebenfalls zu profitieren gedachte. Da die geforderten
Lohnerhöhungen nicht schnell genug eintraten, kam es 1906 zu Arbeitsniederlegungen
in der Druckindustrie, der Kartonagenherstellung und der Textilfa-
brikation. Ab Ende Mai antworteten die Arbeitgeber bereits hierauf mit Aussperrung
. In den Monaten Mai und Juni wurden im graphischen Gewerbe und
der Druckindustrie 230 Arbeitnehmer ausgesperrt. In der Kartonagenindustrie
kam es erst im Oktober zum großen Streik44. Im Laufe desselben Monats beschlossen
250 Textilarbeiter ihren Firmen zu kündigen45. Die gesamte Streikbewegung
fand erst in den ersten Monaten des Jahres 1907 ein Ende. Daß diese
Streikbewegung auch Dinglingen in Mitleidenschaft zog, läßt sich an Hand
des starken Stimmanteils der Sozialdemokraten bei den Reichstagswahlen
1907 im dortigen Wahlbezirk feststellten.46

Somit sind die hohen Unterstütztenzahlen im Zusammenhang mit den Streiks
und Aussperrungen der ortsansässigen Industrie zu sehen, welche zu wirtschaftlichen
Notlagen der nur zu geringen Teilen gewerkschaftlich organisierten
Arbeiter führten. Dies erklärt den Höchststand von 46 unterstützten Personen
für das Jahr 1906. Das Ansteigen der Armenzahl im Jahre 1905 ist damit
aber noch nicht geklärt. Ein Grund hierfür konnte bis jetzt nicht gefunden
werden.

Das Jahr 1910 sollte letztmalig vor dem großen Krieg eine leichte Erhöhung
der von der Gemeinde unterstützten Bedürftigen bringen. Ihre Gesamtzahl,
auch nach Abzug der in den Waisenhäusern und Rettungsanstalten unterhaltenen
Jugendlichen, lag jedoch nur unwesentlich über den des letzten vorhergegangenen
Krisenjahres 1907. 38 Personen mußten diesmal von der örtlichen
Verwaltung Hilfe erfahren. Hatten die vorhergehenden Krisen den Charakter
eines sich langsamen und zeitlich gestreckten Ansteigens ökonomischer und

42 Wehrle, a. a. O. S. 75, 93

43 ebd. S. 69

44 Lahrer Zeitung vom 19. 5. 1906, 21. 5. 1906

45 ebd. 17. 10. 1906, 23. 10. 1906, 6. 11. 1906, 8. 11. 1906, 22. U. 1906 auch: Schaub, a. a. O. S. 135

46 Walter Caroli u. Robert Stimpel, Geschichte der Lahrer SPD, Lahr 1979 S. 352

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